Wirtschafts- und Bildungselite

Heinrich Kunz (1793-1859), Industriepionier

Submitted by ottavio.clavuot on Fri, 01/28/2022 - 05:22

In Oetwil am See als Sohn des vermögenden, politisch aktiven Baumwollverlegers und Landwirts Hans Heinrich Kunz (1766-1825) geboren, besuchte Heinrich Kunz 1806-09 die neu eröffnete, bald renommierte Privatschule von Caspar Fierz (1777-1814) in Männedorf. Danach schickte ihn der Vater zur kaufmännischen Ausbildung in die 1806 von Johann Jakob Ziegler (1770-) und dem Isliker Unternehmer Bernhard Greuter (1745-1822) als Spinnerei, Weberei, Färberei und Druckerei gegründete Baumwollfabrik Ziegler-Greuter & Cie.nach Gebweiler im Elsass. Während der rund zwei Jahre dort lernte er die modernsten Techniken der Bauwollverarbeitung und die Herausforderungen eines Grossbetriebs kennen, knüpfte wertvolle Kontakte und gewann die Unterstützung der beiden Fabrikherren bei der Beschaffung handbetriebener Spinnmaschinen. 1811 investierte Hans Heinrich Kunz unter Anleitung seines Sohnes einen beträchtlichen Teil seines Vermögens in die Einrichtung einer mechanischen Spinnerei mit 700 Spindeln im Dachgeschoss des Wohnhauses in der Gusch in Oetwil am See.

Gusch Oetwil am See
Das 1811 von Hans Heinrich Kunz vom Mousselinefabrikanten Hans Heinrich Weber erworbene repräsentative Wohnhaus in der Gusch, in dem Vater und Sohn Kunz die erste Spinnerei einrichteten. 

Der Erfolg des Unternehmens liess Vater und Sohn nach Standorten für eine wasserbetriebene Spinnerei Ausschau halten. Nach zwei erfolglosen Versuchen glückte 1817 die Einrichtung einer Fabrik mit 1560 Spindeln am Aabach in Oberuster, die Heinrich Kunz nach dem Tod des Vaters übernahm. Bereits 1825 konnte er die erste eigene Spinnerei in Niederuster eröffnen, wo er auch die 1831 erstmals importierten Halfselfactors während zwei Jahrzehnten nachbaute. In den folgenden Jahren investierte Kunz seine Betriebsgewinne in die Gründung weiterer Spinnereien in Windisch (1829), Linthal (1839), Rorbas (1840), Kemptthal (1841), Adliswil (1842) und Unter-Aathal (1851). Zu Beginn der 1850er Jahre war er mit 132'000 Spindeln und über 2000 Arbeitern der mit Abstand grösste Spinnereibesitzer in der Schweiz.

Spinnerei Kunz Niederuster
Im Vordergrund das von Heinrich Kunz 1825 errichtete Spinnereigebäude in Niederuster. Foto um 1900.

Er verdankte diesen Erfolg nicht zuletzt der Spezialisierung der Fabriken auf wenige Garnnummern und der hohen Qualität seiner feinen Garne. Das Unternehmen leitete er von Oberuster aus mit Hilfe einiger Vertrauter, darunter seine Schwester Susanna Zollinger-Kunz (1790-1849), die 1829-1841 die Verantwortung für die Spinnerei in Windisch trug. Zur Erschliessung neuer Absatzmöglichkeiten und zum Verfolgen der technischen Entwicklung war Kunz im In- und Ausland unterwegs, so etwa in England, wo er 1851 die Weltausstellung in London besuchte, in Frankreich, Deutschland und Österreich. Ausschlaggebend für die Standortwahl der Fabriken waren erschliessbare Wasserläufe und käufliche Wasserrechte, um die es nicht zuletzt wegen der Missachtung der Nutzungsbeschränkungen durch Kunz zu ständigen Rechtsstreitigkeiten kam. Die Fabrikationsgebäude liess er alle nach dem gleichen Grundmuster errichten: längsrechteckige, meist fünfgeschossige, quer zum Wasserlauf gestellte, schlichte Zweckbauten mit grossen Fenstern, flachem Sattel- oder Walmdach und markantem Quergiebel. Wo Arbeitskräfte vor Ort fehlten, wurden zudem Kosthäuser für Zuzüger gebaut, so etwa in Niederuster (1827) und Windisch (1837).

Längsschnitt Spinnerei Oberuster
Längsschnitt durch die Spinnerei in Oberuster. Kraftübertragung und Produktion erfolgten in den durchgehenden Fabriksälen entlang der Gebäudeachse. Planaufnahme 1984.

Während der persönlich unzugängliche, verhältnismässig bescheiden lebende Kunz die Wohltat von Arbeit und Brot für die wachsende Bevölkerung betonte, prangerten die Kritiker den Spinnerkönigals hartherzigen Schinder an. Tatsächlich entsprachen die Verhältnisse in Kunz’ Spinnereien den damals weit verbreiteten harten Bedingungen: lange Arbeitszeiten, tiefe Löhne, Kinderarbeit trotz kantonalem Verbot, körperliche Züchtigung, Bussgeld, fehlende Kranken- und Unfallversicherung.

Audio file
Auszug aus einem Brief von Kunz an Pfarrer Jakob Amsler in Windisch vom 28. Dezember 1844.

Politisch und sozial engagierte sich Kunz zurückhaltend und vor allem dann, wenn es seinen Interessen entsprach, so war er 1835-47 Mitglied der Zürcher Handelskammer, setzte sich öffentlich für den Strassenbau ein oder unterstützte verschiedene Gemeinden in Notsituationen. Gleichzeitig reduzierte er durch Steuerabsprachen seine Leistungspflicht. Die Unternehmensgewinne investierte er im Laufe der Zeit immer mehr in fremde Spinnereibetriebe, Staatspapiere und in den Eisenbahnbau, so dass sein Vermögen schliesslich zu drei Vierteln aus Finanzwerten bestand.1856 verlegte Kunz den Firmensitz von Oberuster nach Zürich, wohl in den zu diesem Zweck erworbenen Schanzenberg an der Rämistrasse. Als der stets unverheiratet gebliebene, kinderlose Kunz 1859 starb wurde sein auf 17 Millionen Franken geschätztes Vermögen unter seine Geschwister und deren Nachkommen aufgeteilt, nachdem diese unter erheblichem öffentlichem Druck 750‘000 Franken für gemeinnützige Zwecke gespendet hatten. O.C.

Heinrich Kunz
Heinrich Kunz um 1830. Druck nach 1859.

Gustav Gull (1858-1942), Architekt

Submitted by ottavio.clavuot on Fri, 01/28/2022 - 05:21

Als Spross einer Baumeisterfamilie in der Enge geboren studierte Gustav Gull 1876-79 zusammen mit Karl Moser Architektur am Eidgenössischen Polytechnikum (heute ETH) und bildnerisches Gestalten (Steinbildhauerei und Modellieren) an der Ecole des Arts décoratifs in Genf. Nach einer Studienreise in Italien 1883/84 erhielt er seinen ersten grossen Auftrag in Luzern mit dem Bau des Eidgenössischen Postgebäudes (1886-88) im Stil der Neurenaissance.

Gustav Gull
Gustav Gull. Foto vor 1935.

Zurück in Zürich erhielt er 1890 anlässlich der politischen Auseinandersetzung um den Standort des Schweizerischen Nationalmuseums den Auftrag, einen Entwurf für ein Landesmuseum mit angegliederter Kunstgewerbeschule auszuarbeiten. Dabei sollten verschiedene historische Räume und Teile des Barfüsserkreuzgangs organisch in die Anlage eingebaut werden. Gull entwarf einen unregelmässigen, in einen Park eingebetteten burgartigen Gebäudekomplex aus individuellen Baukörpern in Formen der Spätgotik und der Renaissance. 1891 setzte sich Zürich mit Gulls Projekt durch. Zum Studium der Innenausstattung besuchte Gull während der Realisierungsphase 1894 Museen in Paris und London. 1898 konnte der auch im Ausland viel beachtete Museumsbau feierlich eröffnet werden.

Landesmuseum
Das Landesmuseum ist als „spätmittelalterliche Burg“ Nationalmuseum und Nationaldenkmal, indem es Bezug nimmt auf die grosse Zeit der Alten Eidgenossenschaft.   

Unterdessen hatte Gull den Auftrag erhalten, ein repräsentatives Verwaltungszentrum für die mit der ersten Eingemeindung 1893 um mehr als das Vierfache gewachsene Bevölkerung Zürichs zu planen. Seit 1895 Stadtbaumeister, konzipierte Gull an Stelle des Klosters Oettenbach, des Werdmühleareals und des Schipfequartiers ein monumentales Stadtzentrum zwischen Limmat und Bahnhofstrasse beidseits der als zentrale Achse neu anzulegenden Uraniastrasse und -brücke (heute Rudolf Brun-Brücke). Terrassen, Treppen, Brücken und Wandelhallen sollten die im Stil der Neurenaissance gestalteten Verwaltungsgebäude und Markthallen verbinden.

Gull Projekt Verwaltungszentrum
Limmatfront des von Gull projektierten neuen Verwaltungszentrums von Zürich. Im Zentrum des Bildes der Turm des nie gebauten Stadthauses. Perspektivische Zeichnung um 1900.

Ausgeführt wurden 1903-19 nur die Bauten zwischen Beatenplatz und Lindenhof (Amtshäuser I-IV und die Sternwarte Urania) – nicht zuletzt, weil Gulls Entwurf nach dem 1. Weltkrieg nicht mehr zeitgemäss schien. So verblieb das Stadthaus bis heute im neugotischen Erweiterungsbau des Gebäudes von 1883/84, den Gull 1898-1900 an Stelle der Klostergebäude errichtet und unter Einbeziehung eines Teils des romanischen Kreuzgangs mit dem Fraumünster verbunden hatte.

Amtshäuser und Uraniastrasse
Die durch die Brücke über die Uraniastrasse verbundenen Amtshäuser mit dem Turm der Sternwarte sind locker in einem grosszügigen Bogen gegen die Limmat gruppiert.

1900 wechselte Gull vom Stadtbaumeisteramt ans Polytechnikum, wo er bis 1929 als Professor für Architektur lehrte. Nach einem Wettbewerb 1909 erhielt er den Auftrag für die Erweiterung von Gottfried Sempers Hochschulbau, dessen Realisierung sich, bedingt durch den Krieg, bis 1925 hinzog. Gulls öffentliche Bauten zeichnen sich aus durch ihre sorgfältige städtebauliche Einordung, eine funktionale und räumlich wirkungsvolle Organisation im Inneren sowie den grosszügigen Einsatz von Bauplastik und Wandmalerei. Wie sein Konkurrent Karl Moser – seit 1914 ebenfalls Professor an der ETH – setzte Gull auf moderne Bautechnik, hielt aber im Gegensatz zu jenem in der äusseren Gestaltung seiner Bauten an den historischen Baustilen und ihren Regeln fest. Dafür wurde er nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend kritisiert, während Moser als Vorreiter der Moderne gefeiert wurde. O.C.

Stadthaus
Die spätgotischen Architekturformen des Stadthauses wollen an die Blütezeit des spätmittelalterlichen Zürichs erinnern und dienen der harmonisch wirkenden Verbindung mit dem Fraumünster.

Villa „Tanneck“, Rämistrasse 68

Submitted by ottavio.clavuot on Mon, 12/13/2021 - 13:58

Ursprünglich 1842-43 als Villa „Sonneck“ für August Adolf Ludwig Follen erbaut, war das Haus wie bereits Follens erstes Domizil, das „(Untere) Sonnenbühl“ an Stelle der heutigen Aula Rämibühl bis 1847 Treffpunkt einheimischer und aus Deutschland zugewanderter Literaten, Künstler, Gelehrter und Politiker. Damit trug Follen zur Entwicklung Hottingens zu einem Zürcher Zentrum des internationalen kulturellen und politischen Austauschs bei. Im Geist der Spätromantik hatte Follen das „Sonneck“ in der Form eines spätmittellaterlichen Landsitzes als zweistöckigen Kubus mit gotisierenden Treppengiebeln und einem Turm mit Belvedere entwerfen lassen.

Sonneck, Unteres Sonnenbühl
Über der Kurve der Rämistrasse das Schlösschen "Sonneck", oberhalb des Wolfbachs Follens erste Villa "Unteres Sonnenbühl". Ausschnitt aus dem „Malerischen Plan der Stadt Zürich und ihrer Umgebungen“, Zeichnung von Franz Schmid, Aquatintablatt, verlegt bei Hans Felix Leuthold, 1846/47.

Nach mehreren Handänderungen gelangte das Haus 1897 an Nanny (Anna) Bruppacher (1849-1933). Nun als „Tanneck“ wurde die Villa 1897/98 vom Semper-Schüler und Meister des Zürcher Historismus, dem Direktor von Gewerbemuseum und Kunstgewerbeschule Albert Müller (1846-1912) im Auftrag der neuen Eigentümerin umgebaut. Anstelle von Turm und Treppengiebeln versah er das Haus mit mittelalterlich wirkenden Erkern, neuromanischen Fenstergruppen, Fachwerkelementen, gusseisernem Verandavorbau und hohem, mit Helmstangen besetztem mächtigem Walmdach.

Rämistrasse 68
Fassade gegen die Rämistrasse und Eingangsseite mit Windfang und grossen Treppenhausfenstern.

Aus dem symmetrischen Schlösschen wurde so ein im Innern reich mit Parkettböden, Vertäfelungen, Stuckdecken ausgestattetes, komfortables Wohnhaus über unregelmässigem Grundriss mit räumlich und formal abwechslungsreich gestalteten Fassaden. O.C.  

Rämistrasse 68
Gartenfassaden mit mehrgeschossigem Erker und grosszügigen Veranden.

Villa „Belmont“, Rämistrasse 67

Submitted by ottavio.clavuot on Wed, 11/10/2021 - 06:28

Ursprünglich war das heutige Wohnhaus „Belmont“ ein 1851 errichtetes Nebengebäude der von Joseph Anton Kern betriebenen Bierbrauerei im „Schanzenberg“. Nach der Einstellung des Brauereibetriebs 1852 kaufte „Spinnerkönig“ Heinrich Kunz (1793-1859) aus Oberuster, der damals grösste Schweizer Textilunternehmer, 1855 die Fabrikantenvilla und das unterdessen als Wohnhaus genutzte Ökonomiegebäude, um seinen Geschäftssitz hierher zu verlegen. Nach dem Tod des kinderlosen Unternehmers wurde sein auf 17 Millionen Franken geschätztes Vermögen 1859 unter den Erben geteilt: Anna Barbara Gessner-Kunz (1807-um 69), eine Halbschwester des Verstorbenen, erhielt einen Achtel des Erbes, zu dem auch das spätere „Belmont“ gehörte. 1860 liessen die neuen Eigentümer das ehemalige Ökonomiegebäude von Wilhelm Waser (1811-66) in eine spätklassizistische Villa umbauen. Der in München ausgebildete Architekt überbaute den Hof des zweigeschossigen, hufeisenförmigen Remisenbaus mit dem gegen die Rämistrasse vorspringenden, dreigeschossigen, repräsentativ gestalteten Kubus: Von Lisenen gefasste, risalitartig wirkende Fensterachsen flankieren die Mittelpartie der Attika gekrönten Strassenfront mit dem Haupteingang und der palladianischen Pfeilerloggia. Den Altbau stockte Waser um ein Geschoss auf und fasste ihn unter einem Walmdach mit Zinne zusammen.

Villa Belmont
Villa "Belmont". Foto 1946.

Nach dem Tod des Ehepaars Gessner-Kunz verkauften die Erben 1874 das Wohnhaus, das nach einem weiteren Besitzerwechsel 1912 vom Kanton erworben wurde. 1884-86 wohnte der damalige Oberinstruktor der Kavallerie und spätere General Ulrich Wille (1848-1925) als Mieter im „Belmont“. 1913 wurde das seit 1886 von Constantin von Monakow (1853-1930), dem in Russland gebürtigen, seit 1866 in Zürich lebenden, führenden Schweizer Neurologen und Hirnanatomen, aufgebaute Hirnanatomische Institut in der zu diesem Zweck umgebauten Villa untergebracht. Gleichzeitig wurde das „Belmont“ auch von der trotz der 1909 errichteten „Neuen Kantonsschule“ unter Raumnot leidenden Kantonsschule bis zur Eröffnung der Kantonsschule Rämibühl 1970 als Schulhaus genutzt. O.C.

Adolf Muschg (geb. 1934), Schriftsteller

Submitted by christian.villiger on Sun, 09/05/2021 - 09:36

Der bekannte Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg (geb. 1934 in Zollikon) legte 1953 seine Matura am Literargymnasium ab (damals noch nicht auf dem Rämibühl-Areal). Nach einem Studium der Germanistik, Anglistik und Psychologie an den Universitäten Zürich und Cambridge arbeitete er von 1959 bis 1962 als Hauptlehrer für Deutsch an der Oberrealschule (der Vorgängerschule des MNG). Die Erfahrungen dieser Zeit gingen ein in den krimiartigen Roman Mitgespielt (1969), der von einem Deutschlehrer handelt, der in Verdacht gerät, einen seiner Schüler ermordet zu haben. Die damaligen Räumlichkeiten der Oberrealschule sind wiedererkennbar. Muschg arbeitete später als Dozent an verschiedenen Universitäten und von 1970 bis 1999 als Professor für deutsche Sprache und Literatur an der ETH Zürich.

Adolf Muschg 1975

Vor Kurzem blickte Muschg auf seine Zeit am LG zurück. Auf die Bemerkung eines Journalisten, sein neuer Roman setze die Kenntnis des ganzen europäischen Bildungskanons voraus, meinte Muschg:

 

«Die Vorlagen, die Sie nennen, sind nicht mehr Teile unseres kulturellen Alphabets. Ich habe es noch gelernt, nicht nur zu meinem Vergnügen. Aber was ich im Literargymnasium habe aufpacken müssen und damals als Last empfunden habe, entpuppt sich immer mehr als der wahre Schatz meines Alters.»

 

(NZZ am Sonntag, 1. August 2021, S. 43.) C.V.

Gottfried Keller (1819-1890), Schriftsteller

Submitted by christian.villiger on Sat, 07/24/2021 - 05:32

Gottfried Keller (1819–1890) ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Schriftsteller und der berühmteste ehemalige MNG-Schüler.

Salomon Hegi Porträt Gottfried Keller 1841

Genaugenommen besuchte Gottfried Keller von 1833 bis 1834 die gerade neu gegründete «Industrieschule», die 1928 zur «Oberrealschule» und 1974 zum «MNG Rämibühl» wurde. Das Schulhaus befand sich zu Kellers Zeit noch nicht auf dem Rämibühl-Areal, sondern beim Grossmünster. Heute steht dort das Theologische Seminar der Uni Zürich.

Keller wurde nach nur etwas mehr als einem Jahr von der Schule gewiesen, weil er sich an einer Randale gegen einen unbeliebten Lehrer beteiligt hatte. Die Schüler (damals nur Knaben) hatten sich zum Haus des Lehrers begeben, um unrechtmässig eingezogene Mathehefte zurückzuverlangen. Dabei kam es zu einer Schlägerei mit den Söhnen des Lehrers, das Haus wurde mit Steinen und Holzstücken beworfen, Scheiben wurden eingeschlagen. Keller wurde – zu Unrecht – als Anstifter angesehen und als Einziger hart bestraft. Man geht heute davon aus, dass der Schulverweis mit dem Scheidungsprozess von Kellers Mutter zusammenhängt. Die hohen Herren der Stadt wollten an ihr ein Exempel statuieren.

Für den 14-jährigen Keller bedeutete der Schulverweis, dass er aus der bürgerlichen Welt ausgeschlossen war. Seine Mutter konnte sich keine Privatschule leisten. Er versuchte sich zunächst als Kunstmaler, hatte jedoch wenig Erfolg, lebte jahrelang in ärmlichen Verhältnissen und litt zeitweise gar Hunger.

Gottfried Keller in seinem autobiographischen Roman Der grüne Heinrich (2. Fassung, 1. Band, 16. Kapitel):

«Ich wurde entlassen und ging etwas bewegt, doch gemächlich nach Hause; das Ganze schien mir nicht sehr würdig zu verlaufen. Zwar fühlte ich eine tiefe Reue, aber nur gegen den mißhandelten Lehrer. Zu Hause erzählte ich der Mutter den ganzen Vorgang, worauf sie mir eben eine Strafrede halten wollte, als ein Amtsdiener hereintrat mit einem großen Briefe. Dieser enthielt die Nachricht, daß ich von Stund an und für immer von dem Besuche der Schule ausgeschlossen sei. Das Gefühl des Unwillens und erlittener Ungerechtigkeit, welches sich sogleich in mir äußerte, war so überzeugend, daß meine Mutter nicht länger bei meiner Schuld verweilte, sondern sich ihren eigenen bekümmerten Gefühlen überließ, da der große und allmächtige Staat einer hilflosen Witwe das einzige Kind vor die Türe gestellt hatte mit den Worten Es ist nicht zu brauchen!»

Im selben Roman heisst es zusammenfassend:

«Ein Kind von der allgemeinen Erziehung ausschließen heißt nichts anderes, als seine innere Entwicklung, sein geistiges Leben köpfen.»

Auch das Rämibühl-Areal selbst war für Gottfried Keller wichtig. Hier stand seit 1843 die «Villa Sonneck» des hessischen Emigranten August Adolf Ludwig Follen, der Kellers schriftstellerische Laufbahn entscheidend förderte. Zugespitzt könnte man sagen: Ohne Follen und den Rämihügel wäre aus Keller vielleicht nie ein Schriftsteller geworden.

Die «Villa Sonneck» an der Rämistrasse 64 (heute: 68) wurde 1897 im Heimatstil stark umgebaut und in «Villa Tanneck» umbenannt. Diese steht heute noch, in ihr ist gegenwärtig das Klassisch-philologische Seminar der Uni Zürich untergebracht.

Rämibühl um 1850 Villa Sonneck Oberes Sonnenbühl

Ganz rechts die Villa Sonneck (mit Turm), das zweite Gebäude von rechts ist das «Obere Sonnenbühl». Im Vordergrund die Rämistrasse.

Als der 23-jährige Keller Ende 1842 erfolg- und völlig mittellos aus München nach Zürich zurückgekehrt war, wollte er zunächst immer noch Maler werden. Die Lektüre der politischen Vormärz-Lyrik eines Anastasius Grün und Georg Herwegh ergriff ihn jedoch nach eigener Aussage «wie ein Trompetenstoß» und inspirierte ihn zu eigenen Gedichten. Diese zeigte er zunächst Julius Froebel, einem seiner früheren Lehrer an der Industrieschule, der ihn dann mit Follen bekannt machte. Mit Unterstützung der beiden konnte Keller erste Gedichte in Zeitschriften und 1846 seinen ersten Gedichtband veröffentlichen. In den 1840er-Jahren hielten sich viele vor Repression und Zensur geflüchtete liberale Schriftsteller und Gelehrte in Zürich auf. Keller hatte Zugang zu dieser Emigrantenszene, unter anderem dank Follen.

Keller in einer „biographischen Skizze“ vom 22. März 1847:

«Als ich einen ziemlichen Pack Reimereien beieinander hatte, überschickte ich sie Professor Follen und bat ihn mit angstvoller Erwartung um Entscheidung über Sein oder Nichtsein dieser Versuche […], denn er ist zu seiner grossen Unbequemlichkeit das Orakel der poetischen Anfänger in der Schweiz geworden»

Ein zwischen Juli und August 1843 geführtes Tagebuch gibt Auskunft über diese für Keller schwierige Zeit, in der er nach der ihm zukommenden Aufgabe in der bürgerlichen Gesellschaft suchte und sehr unsicher über seine schriftstellerische Begabung war.

10. August

Gedichte ins Reine geschrieben, weidlich geraucht und grosse Unruhe und Unbehaglichkeit empfunden.

Die Sache ergreift mich mit allen Fibern. Ob sich wohl meine äusserlichen und ökonomischen Hundstage in innerliche, geistige Gewittertage verwandeln?

 

11. August

Nichts getan.

Ein deutscher Vormärz-Emigrant war auch Georg Büchner, der während seines Zürcher Exils 1836/37 in unmittelbarer Nachbarschaft zu Keller in der Altstadt gewohnt hatte. Keller wohnte damals im „Haus zur Sichel“ am Rindermarkt 9. Gekannt haben sich die beiden wohl nicht. Die Werke Büchners hat Keller erst um 1880 gelesen; er reagierte darauf jedoch mit Ablehnung.

Fast alle wichtigen Schauplätze von Gottfried Kellers Leben und Wirken befinden sich in Schrittdistanz zum Rämibühl-Areal: zum Beispiel das Geburtshaus («Haus zum goldenen Winkel», Neumarkt 27), das Haus seiner Kindheit («Haus zur Sichel», Rindermarkt 9), das Wohnhaus des Staatschreibers (Kirchgasse 33), das Keller von 1861-75 bewohnte, und das Haus «Zum Thaleck» (Zeltweg 27), in dem er von 1882 bis zu seinem Tod lebte.

Auf der Webseite https://www.gottfriedkellerzuerich.ch/ kann man einen virtuellen Rundgang durch Kellers Zürich machen und sich über die diese und weitere Häuser und Orte kundig informieren. Abbildungen von Kellers Häusern finden sich auf der Seite der Gottfried Keller-Gesellschaft Zürich: https://gottfriedkeller-gesellschaft.ch/gottfried-keller/zuercher-wohnorte/

Die Kantonsschule Hottingen an der Minervastrasse 14 hiess früher Gottfried-Keller-Schule. Der Name wurde wohl gewählt, weil Keller im Verlauf seines Lebens gleich drei Wohnungen in unmittelbarer Nähe bewohnt hatte (Minervastr. 10, Gemeindestr. 27 [damals: Gemeindegasse 25] und im «Haus zum Thaleck», Zeltweg 27). Die Kanti Hottingen war jedoch nie Teil der Industrieschule, die Keller besucht hat, sie ist vielmehr aus der Handelsschule der früheren Höheren Töchterschule (heute: Kantonsschule Hohe Promenade) hervorgegangen. C.V.

Porträt Gottfried Keller Blanca Illi 2019

Gottfried-Keller-Porträt von der K+S-Schülerin Blanca Illi (2019).

Sigfried Giedion (1888-1968), Architekturtheoretiker

Submitted by ottavio.clavuot on Thu, 07/08/2021 - 13:20

Als Sohn eines in Lengnau gebürtigen Textilunternehmers in Prag geboren, wandte sich Sigfried Giedion nach dem Ingenieurstudium in Wien der Kunstgeschichte zu und doktorierte 1922 bei Heinrich Wölflin in München mit einer grundlegenden Arbeit über den europäischen Klassizismus. 1923 entwickelte sich aus dem Besuch bei Walter Gropius in Weimar und bei Le Corbusier in Paris eine Freundschaft mit den beiden sowie ein lebenslanges Engagement für eine neue Architektur. Mit ihnen, Karl Moser und weiteren Architektenfreunden gründete er 1928 die CIAM (Congrès Internationaux d’ Architecture Moderne), als deren Generalsekretär er für die Verbreitung der Konzepte des Neuen Bauens sorgte.

CIAM 1933 Giedion Helena Syrkus Le Corbusier
Im Vordergrund Sigfried Giedion, Helena Syrkus und Le Corbusier am CIAM 1933 in Athen.

Auch förderte er die Realisierung von Projekten, die dem neuen Geist verpflichtet waren: in Zürich z.B. als Mitinitiant der Werkbund-Siedlung „Neubühl“ (1930-1932), als Bauherr der eigenen Mehrfamilienhäuser im Doldertal (1932-1936) und als Mitbegründer der „Wohnbedarf AG“ (1932).

Zürich Neubühl
Die von M. E. Haefeli, R. Steiger, W. M. Moser, C. Hubacher, E. Roth, P. Artaria und H. Schmidt erbaute Werkbund-Siedlung Neubühl in Zürich-Leimbach.
Wohnbedarf Zürich 1933
Der von Marcel Breuer und R. Winkler entworfene Verkaufsraum der „Wohnbedarf AG“ an der Talstrasse 11 in Zürich, 1933.

1938 vermittelte ihm Gropius eine Professur in Harvard und ermöglichte ihm dadurch der im Korsett der „Geistigen Landesverteidigung“ auf das Heimatliche setzenden Schweiz zu entfliehen. In den USA verfasste Giedion 1941 mit „Space, Time and Architecture“ die wirkungsmächtigste Apologie der modernen Architektur, der er nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 mit „Mechanization Takes Command“ eine Kritik des Fortschrittsglaubens und der Allmacht technisch-wissenschaftlicher Rationalität gegenüberstellte. Giedion, seit 1946 einflussreicher Dozent an der ETH, war überzeugt von der revolutionierenden Kraft wissenschaftlich-technischer Rationalität, aber auch von der Unabdingbarkeit einer in der Geschichte wurzelnden kulturellen Humanität. So setzte er sich ein für die rationalistische Interpretation der Moderne – vertreten durch Le Corbusier und die Bauhaus-Architekten Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe – wie für deren organische Spielart – verkörpert durch Alvar Aalto –, kämpfte für die Erhaltung der die Atmosphäre einer Stadt bestimmenden „anonymen Architektur“  und forderte eine die sozio-ökonomischen und psychischen Bedürfnisse versöhnende Stadtplanung. O.C.

Giedion CIAM Ed Girsberger 1951
Buchumschlag von Giedions Bericht über die CIAM, 1951.

Emil Georg Bührle (1890-1956), Unternehmer und Mäzen

Submitted by ottavio.clavuot on Thu, 07/08/2021 - 13:14

Als Sohn eines Beamten in Pforzheim geboren, studierte Emil Georg Bührle in Freiburg, München und Berlin Germanistik und Kunstgeschichte. Das Fronterlebnis als Kavallerieoffizier im Ersten Weltkrieg und die Nachkriegssituation in Deutschland führten zur beruflichen Umorientierung. 1919 beteiligte er sich als Mitglied eines Freikorps an der Niederschlagung des Spartakisten-Aufstands in Berlin. Im gleichen Jahr trat er in die Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik ein, die ihn 1924 zur Sanierung der 1923 erworbenen, maroden Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon (WO) nach Zürich schickte. Ganz im Interesse des Auftraggebers an der Umgehung der Rüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags setzte Bührle auf die Entwicklung und die Produktion einer 20mm-Flabkanone, die mit Munition und Zubehör bald in vielen Ländern Europas und Asiens Abnehmer fand. Mit dem Geld seines Schwiegervaters, des Magdeburger Bankiers Ernst Schalk, erwarb er 1929 die Aktienmehrheit der WO und wurde 1937 – im Jahr seiner Einbürgerung in der Schweiz – alleiniger Eigentümer. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Bührle, der über gute Kontakte zu hohen NS-Funktionären verfügte, mit Billigung des Bundesrats zum wichtigsten Schweizer Waffenlieferanten der Achsenmächte.

Bührle und Guisan
General Henri Guisan 1953 zu Besuch bei Emil Georg Bührle in der WO in Oerlikon.

Gleichzeitig produzierten die USA und Grossbritannien Oerlikon-Bührle-Geschütze in Lizenz. Bührles Vermögen nahm sprunghaft von 8.5 Mio. auf 170,7 Mio. Franken zu. Bei Kriegsende der reichste Schweizer, wurde er einerseits als Aufsteiger, „grösster und skrupellosester Kriegsgewinnler“ und „Nazi-Freund“ heftig angefeindet und war andererseits bestens mit wirtschaftsliberalen und antikommunistischen Kreisen vernetzt sowie als Mäzen geschätzt. Mit dem Beginn des Kalten Kriegs und dem Ausbruch des Koreakriegs 1950 kam das Waffengeschäft der WO, deren ballistische Raketen sehr begehrt waren, erneut in Schwung, und Bührle konnte es sich erlauben, ohne Rücksicht auf die Schweizer Aussenpolitik Rüstungsgüter zu exportieren. In der Folge entwickelte sich das Unternehmen zu einem weitgefächerten Konzern.

Bührle Waffenproduzent
Bührle präsentiert sich 1954 vor ballistischen Raketen, einem der Verkaufsschlager der WO.

Nach dem Erwerb erster Bilder seit 1920 hatte Bührle ab Mitte der 1930er Jahre begonnen, eine neben mittelalterlichen Plastiken und Gemälden alter Meister vor allem Bilder des französischen Impressionismus und der klassischen Moderne umfassende Kunstsammlung aufzubauen. Während er den Grossteil der schliesslich über 600 Bilder nach 1945 auf dem internationalen Kunstmarkt erstand, hatte er während des Zweiten Weltkriegs ohne Bedenken auch Bilder aus geraubten Beständen gekauft. Als Förderer der Kultur gründete er verschiedene Stiftungen und finanzierte den 1958, zwei Jahre nach seinem Tod, eröffneten Ausstellungssaal des Kunsthauses („Bührle-Bau“). Im 2021 eingeweihten Erweiterungsbau des Kunsthauses ist die 1960 von den Erben in eine Stiftung eingebrachte, der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Sammlung ein Kernstück der Ausstellung. O.C.

Emil Georg Bührle Mäzen
Bührle inszeniert 1954 sich als Kunstsammler vor Bildern seiner Kollektion.

August Adolf Ludwig Follen (1794-1855), Literat und Verleger

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 21:32

Geboren in Giessen (Hessen) als Sohn eines Landrichters, studierte August Adolf Ludwig Follen an der dortigen Universität und in Heidelberg Philologie, Theologie und Recht. 1814 nahm er als Freiwilliger an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil und engagierte sich in den folgenden Jahren publizistisch in der deutschen Burschenschaftsbewegung. 1819-21 wegen „studentischer Umtriebe“ inhaftiert, floh er 1821 nach Aarau, wo er bis 1827 an der Kantonsschule deutsche Sprache und Literatur unterrichtete und eine der ersten literaturgeschichtlichen Anthologien für höhere Schulen verfasste. Durch Heirat vermögend geworden, lebte er seit 1830 als Literat und Verleger in Zürich. Sein Haus (1835/36-39 im „(Unteren) Sonnenbühl“, 1843-47 im „Sonneck“) wurde Treffpunkt politischer Emigranten und einheimischer Liberaler. Hier trafen sich u.a. Michail Bakunin, Georg Herwegh, August Heinrich Hoffmann von Fallerleben, Ferdinand Freiligrath, Julius Froebel und der junge Gottfried Keller. 1843-45 engagierte sich Follen finanziell in Froebels Verlag „Litterarisches Comptoir“ bis der „Züricher Atheismusstreit“ die beiden entzweite. 1847 erwarb Follen das Schloss Liebenfels im Thurgau, wo er nach der Niederschlagung der Revolution in Deutschland politischen Flüchtlingen Asyl bot. 1855 starb er verarmt in Bern. O.C.

Zürcher Atheismusstreit

Karikatur zum Atheismusstreit. August Follen schwingt die Feder gegen Arnold Ruge. Wochen-Zeitung, 27. Januar 1846.

Julius Froebel (1805-1893), Geograf, Verleger und Nationalist

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 21:30

Geboren in Griesheim (Thüringen) als Sohn eines Pfarrers und Bruder Theodor Froebels, studierte Julius Froebel Geografie und Mineralogie in München, Jena, Weimar und Berlin. 1833 erhielt er auf Empfehlung Alexander von Humboldts in Zürich Lehraufträge an den nach dem liberalen Umsturz 1832 neu gegründeten Bildungsinstitutionen: als Mineraloge an der Universität und als Geograf an der Industrieschule (Vorläufer des MNG Rämibühl).

Julius Froebel 1837
Julius Froebel, Über das Wesen der Bidlung überhaupt und ins Besondere der Volksbildung. Programm der Zürcher Kantonsschule 1837.

1838 heiratete er die Seidenfabrikantentochter Kleopha Zeller. Im „Straussenhandel“ politisch radikalisiert, legte der seit seiner Studienzeit politisch engagierte Froebel 1840 seine Lehrtätigkeiten nieder und gründete mit finanzieller Unterstützung seiner Frau das „Literarische Comptoir“, einen Verlag, der unter anderem Georg Herweghs „Gedichte eines Lebendigen“, frühe Gedichte Gottfried Kellers sowie Schriften Friedrich Engels und Ludwig Feuerbachs publizierte. Nach Kontakten mit dem Büchner-Gefährten Wilhelm Weitling und Michail Bakunin des Kommunismus verdächtigt, mit seinem Freund und Unterstützer August Follen zerstritten und mit dem Verlag finanziell gescheitert, kehrte Froebel 1845 nach Deutschland zurück. 1848/49 trat er während der Revolution publizistisch für die nationale Einigung und die Lösung der sozialen Frage ein, wurde Mitglied der Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und kämpfte im Wiener Oktoberaufstand.

Julius Froebel 1848
Titelblatt einer politischen Schrift Julius Froebels zur Revolution von 1848.

Zum Tode verurteilt und begnadigt, wanderte Froebel nach Amerika aus, wo er bis 1857 lebte. Zurück in Deutschland, gründete er 1862 den grossdeutsch orientierten „Deutschen Reformverein“. Nach der Niederlage Wiens im österreichisch-preussischen Krieg unterstützte er in der von ihm seit 1867 herausgegebenen „Süddeutschen Presse“ die Einigungsbestrebungen Bismarcks. Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 trat er unter anderem als Konsul in Smyrna und Algier in den Reichsdienst. 1888 zog er sich aus dem politischen Leben zurück und verbrachte die letzten Jahre in Zürich. O.C. 

Juliis Fröbel

 Julius Froebel. Lithographie von Valentin Schertle, 1848.