Villa

Villa Oskar Wild, Steinwiesstrasse 31 / Cäcilienstrasse 2b

Submitted by ottavio.clavuot on Mon, 12/13/2021 - 14:15

1906-07 erbaute der Architekt und „Burgenbauer“ Eugen Probst für den Arzt Oskar Wild das Wohnhaus mit Praxis im Terrassenanbau. Der schlichte Kubus mit geschweiftem Mansardwalmdach und Giebellukarnen und der auf der Terrasse stehende, an Rebhäuschen erinnernde Pavillon lehnen sich an einheimische Bauformen des späten 18. Jahrhunderts an. Das Ensemble ist ein früher Vertreter des romantischen Heimatstils in Zürich. Heimatstil- und Heimatschutzbewegung verstanden sich als Gegenbewegung zu Industrialisierung, Urbanisierung und Globalisierung, die als Ursachen für die Entwurzelung der Gemeinschaft und des Einzelnen sowie der ästhetischen Verflachung von Architektur und Landschaft gesehen wurden. Sie forderten eine Rückbesinnung auf die ästhetischen Qualitäten der schweizerischen Tradition und Naturlandschaft. So wurden 1905 die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz (Ligue pour la conservation de la Suisse pittoresque) und 1909 die Naturschutzkommission (heute pro natura) gegründet.

Steinwiesstrasse 31
Villa und Garten. Foto 1908.

Der Basler Eugen Probst (1873-1970), in jungen Jahren stark von der Deutschen Jugendbewegung geprägt, die Wanderungen zu Kultur- und Naturstätten propagierte und durch den Bau von Jugendherbergen in idyllisch gelegenen Ruinen förderte, war ein bedeutender und umstrittener Vertreter heimat- und naturschützerischer Anliegen. Seit 1900 engagierte er sich bei der Restaurierung und beim Wiederaufbau zahlreicher Schlösser und Burgen, wie z.B. in Sargans 1900-06 und Bellinzona 1920-55. 1927 war er Mitgründer des Schweizerischen Burgenvereins und bis 1955 dessen auch publizistisch sehr aktiver Präsident.

Probst Burgen und Schlösser der Schweiz
1929 wurde der erste Band der von Probst redigierten Reihe "Die Burgen und Schlösser der Schweiz" veröffentlicht, 1936 der unter der Leitung seines Sohnes Eduard gedrehte gleichnamige Dokumentarfilm. Band I zum Thurgau erschien 1931.

Auch die Wiederherstellung der Hohlen Gasse bei Küssnacht als landschaftliches Denkmal 1937 und die Restaurierung Guardas im Unterengadin nach einem Dorfbrand 1939-45 sind sein Verdienst. Dabei ging er mit der historischen Bausubstanz sehr unbekümmert um, indem er sich kaum von wissenschaftlichen Erkenntnissen und denkmalpflegerischen Grundsätzen, sondern von romantischen Vorstellungen leiten liess. So hat Probst zahlreiche Burgen und Ruinen zwar vor dem endgültigen Zerfall bewahrt, ihr Erscheinungsbild aber entscheidend verändert und bis in die Gegenwart bestimmt. O.C.

Jugendburg Ehrenfels
Gedenkbild zur Wiederherstellung der Burg Ehrenfels bei Sils im Domleschg als Jugendburg (Jugendherberge) 1936-40. Zeichnung von Eugen Probst.

Villa „Tanneck“, Rämistrasse 68

Submitted by ottavio.clavuot on Mon, 12/13/2021 - 13:58

Ursprünglich 1842-43 als Villa „Sonneck“ für August Adolf Ludwig Follen erbaut, war das Haus wie bereits Follens erstes Domizil, das „(Untere) Sonnenbühl“ an Stelle der heutigen Aula Rämibühl bis 1847 Treffpunkt einheimischer und aus Deutschland zugewanderter Literaten, Künstler, Gelehrter und Politiker. Damit trug Follen zur Entwicklung Hottingens zu einem Zürcher Zentrum des internationalen kulturellen und politischen Austauschs bei. Im Geist der Spätromantik hatte Follen das „Sonneck“ in der Form eines spätmittellaterlichen Landsitzes als zweistöckigen Kubus mit gotisierenden Treppengiebeln und einem Turm mit Belvedere entwerfen lassen.

Sonneck, Unteres Sonnenbühl
Über der Kurve der Rämistrasse das Schlösschen "Sonneck", oberhalb des Wolfbachs Follens erste Villa "Unteres Sonnenbühl". Ausschnitt aus dem „Malerischen Plan der Stadt Zürich und ihrer Umgebungen“, Zeichnung von Franz Schmid, Aquatintablatt, verlegt bei Hans Felix Leuthold, 1846/47.

Nach mehreren Handänderungen gelangte das Haus 1897 an Nanny (Anna) Bruppacher (1849-1933). Nun als „Tanneck“ wurde die Villa 1897/98 vom Semper-Schüler und Meister des Zürcher Historismus, dem Direktor von Gewerbemuseum und Kunstgewerbeschule Albert Müller (1846-1912) im Auftrag der neuen Eigentümerin umgebaut. Anstelle von Turm und Treppengiebeln versah er das Haus mit mittelalterlich wirkenden Erkern, neuromanischen Fenstergruppen, Fachwerkelementen, gusseisernem Verandavorbau und hohem, mit Helmstangen besetztem mächtigem Walmdach.

Rämistrasse 68
Fassade gegen die Rämistrasse und Eingangsseite mit Windfang und grossen Treppenhausfenstern.

Aus dem symmetrischen Schlösschen wurde so ein im Innern reich mit Parkettböden, Vertäfelungen, Stuckdecken ausgestattetes, komfortables Wohnhaus über unregelmässigem Grundriss mit räumlich und formal abwechslungsreich gestalteten Fassaden. O.C.  

Rämistrasse 68
Gartenfassaden mit mehrgeschossigem Erker und grosszügigen Veranden.

Ehem. Wurstfabrik und Wohnhaus „Rämiburg“, Rämistrasse 44, 46

Submitted by ottavio.clavuot on Mon, 12/13/2021 - 13:55

Der Bratwurster Friedrich Mörker warb mit seiner 1887 von Hottinger Baumeister Friedrich Hopp (1834-98) als mehrfarbiger Sichtbacksteinbau gestalteten, mittelalterliche Formen und Elemente des Schweizer Holzstils kombinierenden Bratwurstfabrik (Nr. 46). Der Rundturm mit Zinnenkranz und gotisierender Inschrift sowie die dekorativen Pfettenschutzbretter mit Laubsägeornamentik sollten für Tradition und Qualität stehen. Während in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts Fabriken meist als schlichte Zweckbauten, wie z.B. der „Schanzenberg“, erstellt wurden, war die Errichtung mehrfarbiger, burg- oder schlossartig gestalteter Fabrikgebäude zu Werbezwecken im späten 19. Jahrhundert gerade in der Lebensmittelindustrie weit verbreitet. Paradebeispiel dafür ist sicher die seit 1882 in mehreren Etappen erweiterte Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden.

Rämistrasse 46
Das ehemalige Fabrikgebäude.Foto 1890.

Friedrich Mörkers Unternehmen scheint jedenfalls erfolgreich gewesen zu sein, denn 1904 konnte sein gleichnamiger Sohn die benachbarte Neurenaissance-Villa „Rämiburg“ (Nr. 44) erwerben, die 1891 wohl vom Architekten Alfred Chiodera errichtet worden war, der daneben 1897/98 sein eigenes Wohnhaus (Rämistrasse 50) in Anlehnung an französische Renaissance-Schlösschen erbaute. O.C.

Rämistrasse 46
Das Wohnhaus mit turmartigem Risalit, Balkon und Nischenfiguren gegen die Rämistrasse sowie markantem Treppenhausfenster an der Eingangsfront.
Villa Chiodera Rämistrasse 50
Die Villa Chiodera mit Eingangsrisalit, Ecktürmchen, Veranda, talseitiegen Erkern und Lukarnen, hellen Sandsteinfassaden und dunkeln Schieferdächern erhält durch den differenziert eingesetzten Bauschmuck eine elegante, urbane Erscheinung.  

Villa „Belmont“, Rämistrasse 67

Submitted by ottavio.clavuot on Wed, 11/10/2021 - 06:28

Ursprünglich war das heutige Wohnhaus „Belmont“ ein 1851 errichtetes Nebengebäude der von Joseph Anton Kern betriebenen Bierbrauerei im „Schanzenberg“. Nach der Einstellung des Brauereibetriebs 1852 kaufte „Spinnerkönig“ Heinrich Kunz (1793-1859) aus Oberuster, der damals grösste Schweizer Textilunternehmer, 1855 die Fabrikantenvilla und das unterdessen als Wohnhaus genutzte Ökonomiegebäude, um seinen Geschäftssitz hierher zu verlegen. Nach dem Tod des kinderlosen Unternehmers wurde sein auf 17 Millionen Franken geschätztes Vermögen 1859 unter den Erben geteilt: Anna Barbara Gessner-Kunz (1807-um 69), eine Halbschwester des Verstorbenen, erhielt einen Achtel des Erbes, zu dem auch das spätere „Belmont“ gehörte. 1860 liessen die neuen Eigentümer das ehemalige Ökonomiegebäude von Wilhelm Waser (1811-66) in eine spätklassizistische Villa umbauen. Der in München ausgebildete Architekt überbaute den Hof des zweigeschossigen, hufeisenförmigen Remisenbaus mit dem gegen die Rämistrasse vorspringenden, dreigeschossigen, repräsentativ gestalteten Kubus: Von Lisenen gefasste, risalitartig wirkende Fensterachsen flankieren die Mittelpartie der Attika gekrönten Strassenfront mit dem Haupteingang und der palladianischen Pfeilerloggia. Den Altbau stockte Waser um ein Geschoss auf und fasste ihn unter einem Walmdach mit Zinne zusammen.

Villa Belmont
Villa "Belmont". Foto 1946.

Nach dem Tod des Ehepaars Gessner-Kunz verkauften die Erben 1874 das Wohnhaus, das nach einem weiteren Besitzerwechsel 1912 vom Kanton erworben wurde. 1884-86 wohnte der damalige Oberinstruktor der Kavallerie und spätere General Ulrich Wille (1848-1925) als Mieter im „Belmont“. 1913 wurde das seit 1886 von Constantin von Monakow (1853-1930), dem in Russland gebürtigen, seit 1866 in Zürich lebenden, führenden Schweizer Neurologen und Hirnanatomen, aufgebaute Hirnanatomische Institut in der zu diesem Zweck umgebauten Villa untergebracht. Gleichzeitig wurde das „Belmont“ auch von der trotz der 1909 errichteten „Neuen Kantonsschule“ unter Raumnot leidenden Kantonsschule bis zur Eröffnung der Kantonsschule Rämibühl 1970 als Schulhaus genutzt. O.C.

Wohn- und Geschäftshaus Fierz, Zürichbergstrasse 2, 4, 8

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 19:29

Hoch über dem ehemaligen Rämibollwerk erbaute der Zimmermeister und Gastwirt „Zum Pfauen“ Jakob Hottinger (1794-1848) 1845 das stattliche klassizistische Haus „Zum (oberen) Sonnenbühl“. Ursprünglich als Erziehungsinstitut genutzt, gelangte es bereits 1851 in den Besitz des Baumwollgrosskaufmanns Johann Heinrich Fierz, dem es als Wohn-, Büro- und Lagerhaus diente. 1864, als Fierz den aus Dresden zugewanderten Architekturprofessor am Polytechnikum, Gottfried Semper, mit der Planung eines Magazin- und Bürogebäudes sowie eines Pferdestalls mit Wagenremise beauftragte, gehörte ihm ein grosses Gelände im Villenquartier am Rämi, das sich L-förmig von der Zürichbergstrasse bis zum „(Kleinen) Freudenberg“ erstreckte. Nach Sempers Plänen wurden 1865-67 das Magazin, Büros und Wohnungen aufnehmende Haupthaus und der durch eine breite, zu Hof und Garten hinaufführende Treppe getrennte Nebenbau (möglicherweise Waschhaus oder Gärtnerwohnung) mit Pergola errichtet. Mit der an italienischen Palazzi des Cinquecento orientierten Architektur stellte Semper den Bauherrn in die Tradition einflussreicher Kaufleute der Renaissance. Der kompakte und mächtige Kubus erscheint gegen die Strasse hin mit kräftig rustiziertem, durch vergitterte Rundbogen aufgelockertem Sockelgeschoss und darüber glatter durch Lisenen und Gesimse, an den risalitartig vorspringenden äusseren Achsen durch Serliana und Balkone gegliederter Sandsteinfassade.

Wohn- und Geschäftshaus Fierz

Wohn- und Geschäftshaus Fierz. Foto um 1900.

Auf den höher gelegenen Hof und Garten öffnet er sich mit dem Hauptportal in einer doppelgeschossigen Loggia zwischen Eckrisaliten.

Zürichbergstrasse 2 Hoffront
Gartenfront des Wohn- und Geschäftshauses.

Der Park war mit französisch-geometrischem Teil und englischem Landschaftsgarten geplant und scheint in den späten 1880er Jahren von der Firma Froebel umgestaltet worden zu sein, wie eine 1886-89 für Fierz’ Witwe angefertigte Planzeichnung Otto Froebels und des aus Belgien stammenden Gartenarchitekten Evariste Mertens (1846-1907) nahelegt. Auf Anna Katharina Fierz-Locher geht auch der Umbau des „(Oberen) Sonnenbühls“ zurück, dem 1878 der Neurenaissance-Mittelrisalit auf der Hofseite angefügt wurde. O.C.

Oberes Sonnenbühl
An der Hoffassade des „(Oberen) Sonnenbühls“ kontrastiert der schlichte Klassizismus der 1840-er Jahre mit der monumental wirkenden Neurenaissance der 1870-er Jahre. 
Sonnenbühl Ökonomiegebäude
Das 1866-67 nach Motiven von Gottfried Semper errichtete Ökonomiegebäude mit Wohnung, Stall und Remise wurde 1966 für Tiefgarage und Sportplatz der Kantonsschule Rämibühl abgebrochen.