Wohn- und Theaterkomplex „Zum Pfauen“, Heimplatz

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 18:40

Vermutlich errichteten bereits im 16. Jahrhundert die ersten wohlhabenden Zürcher Bürger Landsitze vor den Toren der Stadt. Eines der ältesten Häuser, die diesem Zweck dienten, war das „Steinhaus“ am Standort des heutigen Wohn- und Theaterkomplexes „Zum Pfauen“. Im 18. Jahrhundert verlottert, wurde es nach der Niederlegung der Schanzen und der Verbindung des Zeltwegs mit der Altstadt (1834), der Anlage von Rämi- (1836) und Hottingerstrasse (1871/72) sowie dem Bau der Quaibrücke (1882-84) zum Spekulationsobjekt an einem zentralen Verkehrsknotenpunkt zwischen Altstadt und Hottingen, Enge und Fluntern.

Hottingerpforte
Rechts der Hottingersteg zwischen Rämi- und St. Annabollwerk, im Zentrum das "Steinhaus", im Hintergrund das Geissbergbollwerk, die heutige Hohe Promenade. Aquarell von J. Niesiker, 1899, nach E. Schulthess, 1834.

Hier eröffnete Heinrich Hürlimann aus Dürnten 1879/80 das Restaurant „Zum Pfauen“, fügte ihm 1882 nach dem Kauf des „Steinhauses“ einen Gartenpavillon an, den er schon ein Jahr später als „Concert-Halle Pfauen“ bewarb und kurz darauf zum „Flora-Theater im Pfauen“ umbaute. Der sommerliche Amüsierbetrieb florierte, so dass Hürlimann in den folgenden Jahren sämtliche Nachbargebäude erwarb und 1888/89 von Alfred Chiodera und Theophil Tschudy den heute noch weitgehend erhaltenen Gebäudeblock errichten liess. Der als repräsentativer Hottinger Torbau gestaltete Komplex ist eine der ersten Zürcher Arealüberbauungen. Rentable Wohnhäuser mit schlossartig gestalteter, neubarocker Fassade in den Randbereichen an Zeltweg und Hottingerstrasse umschliessen einen rückwärtigen Kuppelsaal mit Galerie und Bühne für etwa 800 Personen im weniger attraktiven Mittelteil hinter dem Torbau gegen die Rämistrasse.

Wohnkomplez "Zum Pfauen"

Der von Heinrich Hürlimann neu erbaute Pfauenkomplex, um 1900.

Das „Volkstheater am Pfauen“ bewirtete während der populären Schwank-, Tanz- und Musikaufführungen die an Tischen sitzenden Zuschauer. 

Pfauentheater 1890

Der Saal des Pfauentheaters. Lithographie, um 1890.

1901 wurde der inzwischen stark heruntergekommene Pfauen-Saal vom Stadttheater Zürich übernommen, dessen Direktor Alfred Reucker (1868-1958) anspruchsvolles Sprechtheater auf die Bühne brachte und bis Anfang der 1920er Jahre den Ruf des Schauspielhauses als eines der bedeutenden deutschsprachigen Theater begründete. 1926 übernahm der Händler, Fabrikant und Verleger Ferdinand Rieser (1886-1947), seit 1922 Mehrheitsaktionär der Theater AG, die Leitung des Schauspielhauses. Er unterzog das Theater nach Plänen von Otto Pfleghard d. Ä. (1869-1958) und Max Häfeli (1869-1941) einer umfassenden Renovation und Modernisierung: Die Bühne wurde vergrössert, ebenso der in den Farben Rot, Weiss, Gold gestaltete, bis heute erhaltene schlicht-elegante Art-déco-Zuschauerraum. Hinzugefügt wurden Foyer und Garderoben. Die Infrastruktur für die Schauspieler blieb prekär. Dies sollte sich erst mit der Totalsanierung 1976/77 ändern, nachdem das 1964 von Jörn Utzon (1918-2008) vorgelegte Projekt eines Schauspielhausneubaus unterhalb der Alten Kantonsschule, da wo sich nun David Chipperfields Erweiterungsbau des Kunsthauses erhebt, gescheitert war. O.C.

Pfauensaal

Der 1926 umgebaute Zuschauerraum des Schauspielhauses nach der Renovation 1976/77.