Alfred Chiodera (1850-1916), in Mailand als Sohn eines Kaufmanns geboren, besuchte nach der Übersiedelung der Familie in die Schweiz das Gymnasium in St. Gallen. 1868-72 studierte er am Polytechnikum in Stuttgart Architektur. Danach unternahm er 1873/4 eine Studienreise nach Italien, wo er sich bei Giuseppe Mengoni (1829-77), dem Erbauer der Galleria Vittorio Emanuele in Mailand, mit der italienischen Neurenaissance und Eisen-Glas-Konstruktionen vertraut machte. 1875 liess er sich in Zürich nieder, wo er im Büro des Semper-Schülers Heinrich Ernst (1846-1916) Theophil Tschudy (1849-1911) kennenlernte. Dieser hatte als Sohn eines Mühlenbesitzers im aargauischen Mumpf nach dem Besuch der Kantonsschule in Aarau 1867-70 am Polytechnikum (heute ETH) bei Gottfried Semper studiert und anschliessend in Davos sowie 1872/73 in Budapest gearbeitet. 1878 gründeten Chiodera und Tschudy eine eigene Firma, die sie bis 1908 gemeinsam führten. Chiodera, der mit Maler Arnold Böcklin (1827-1901) befreundet war, selbst auch malte und leidenschaftlich an der Entwicklung eines Luftschiffs tüftelte, war im Unternehmen hauptsächlich für das Künstlerische zuständig, während sich Tschudy mehr mit den technischen Fragen beschäftigte.
In den 30 Jahren gemeinsamen Wirkens machten Chiodera & Tschudy den Stilwandel vom Historismus zum Jugendstil mit. In ihren Bauten kombinierten sie zum Teil sehr originell verschiedene Stilformen und die unterschiedlichsten Materialien: Naturstein, Ziegel, Verputz, Keramik, Eisen, Glas und Holz.
Das breite Spektrum ihrer Bauten umfasst neben Villen, wie der für den auf Sumatra reich gewordenen Tabakpflanzer Karl Grob-Zundel gestalteten Villa Patumbah an der Zollikerstrasse 128 (1883-85) oder Chioderas eigenes neubarockes Schlösschen an der Rämistrasse 50 (1896/97), auch Wohn- und Geschäftshäuser, wie jene am Bleicherweg 37-47, sowie Restaurant-, Hotel- und Theaterbauten, wie den Wohn- und Theaterkomplex „Zum Pfauen“, das Katholische Gesellenhaus oder das Palace-Hotel in St. Moritz (1892-96), Ausstellungsbauten, wie den Keramikpavillon an der Zürcher Landesausstellung 1883, und Sakralbauten, wie die Synagoge an der Nüschelerstrasse 36 (1884). O.C.
Nach dem Umsturz 1830 leiteten die Liberalen zur langfristigen Sicherung von Wohlstand und Demokratie eine umfassende Bildungsreform ein, zu der neben dem Ausbau der Volksschule auch die Gründung von Kantonsschule (Gymnasium) und Universität gehörten. 1833 nahm die Universität ihren Betrieb in Gebäuden der Fraumünsterabtei, dann im Hinteramt an der Augustinergasse auf. Erst 1864 erhielt sie im Südflügel der von Gottfried Semper für das Eidgenössische Polytechnikum (seit 1905 ETH) erbauten Anlage ein eigenes Schulgebäude. Das starke Wachstum der Universitätführte seit 1897 zu Diskussionen über einen Neubau, doch erst nach der Standortwahl im Künstlergüetliauf dem ehemaligen Schanzengelände südlich der ETH und der Definition des Bauprogramms 1907, wurde in einem Architekturwettbewerb das Projekt von Curjel & Moser 1908 zur Ausführung bestimmt.
Der 1911-14 realisierte Entwurf sah eine geschickt ins abfallende Gelände eingepasste, asymmetrische Anlage aus den zwei seitlich verschobenen Baukörpern des viergeschossigen Kollegiengebäudes und des dreigeschossigen Biologischen Instituts vor, deren Schnittstelle der stadtseitig 65 Meter hohe, in der Höhe gestaffelte, die Stadtsilhouette prägende Turm markiert.
Technisch bestimmen moderne Materialien – Eisenbeton, Stahl, Glas und Leimbinder – den Bau, optisch dominieren Verblendungen aus Verputz, Natur- und Kunststein sowie eine ausserordentlich reiche, mittelalterliche und barocke Elemente aufnehmende Jugendstil-Ornamentik. anz im Sinn des Jugendstils hat Karl Moser – wie im Fall des Kunsthauses – Aussenraum, Architektur, Bauschmuck (Skulptur und Malerei), Beleuchtungskörper und Mobiliar zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet.
Gartenterrasse, Bassins und Baumreihen, dazwischen die mit Treppen und Skulpturen dramatisch inszenierten Zugänge zu den plastisch kräftig gegliederten Haupteingängen, rahmen den Gebäudekomplex, dessen stark durchfensterte, über der Sockelzone von pilasterartig ausgebildeten Pfeilern gegliederte Fassaden mit darüberliegenden Mansardenwalmdächern der barocken Schlossarchitektur verpflichtet sind.
Das Kollegiengebäude umschliesst einen grossen Lichthof mit Glasbedachung, den sogenannten „Göttergarten“, auf den sich die umlaufenden, mit Kreuzgewölbe und romanisierenden Säulen an klösterliche Kreuzgänge erinnernden Wandelhallen in Arkaden öffnen. Gegen die Rämistrasse öffnet sich der Eingang im halbrund vorspringenden Vorbau, der hinter Kolossalarkaden die Aula, in der Winston Churchill am 19. September 1946 für ein vereintes Europa eintrat, und darunter den Grossen Hörsaal beherbergt. Gegenstück sind die im Halbkreis in den Lichthof ragenden Arkaden des zweiarmig-dreiläufigen Treppenaufgangs zur Aula.
Gegen die Künstlergasse wird der Eingang zum Turm durch einen viergeschossigen, von der Tudor-Gotik inspirierten Scheinerker und einen vorgelagerten Säulenportikus markiert. Auch das ehemalige Biologische Institut umschliesst einen Lichthof mit Glasbedachung, in dem die zoologische Sammlung ausgestellt ist und über dem seit 1991 der von Ernst Gisel entworfene, auf vier Pfeiler abgestützte Hörsaal schwebt. Der von monumentalen, durch ein vorspringendes Bogendach verbundenen Doppelsäulen flankierte Eingang ist als Gegenstück des Treppenaufgangs zum Südportal der ETH gestaltet.
Obwohl bereits Karl Moser gleich nach Abschluss der Bauarbeiten mehrere Erweiterungsideen entwickelte, so z.B. 1917 das Projekt einer achsensymmetrischen Verdoppelung der Anlage Richtung „Schanzenberg“, ist das Universitätsgebäude mit Ausnahme der von Moser entworfenen Möblierung bis heute weitgehend unverändert erhalten geblieben.
Neben Ernst Gisels Hörsaaleinbau, stellt der der Neubau der seit 1914 vom Zürcher Frauenverein betriebenen Mensa unterhalb des Kollegiengebäudes 1968/69 nach Plänen von Werner Frei den grössten Eingriff dar. 2001/02 wurde sie im Zusammenhang mit dem Einbau eines unterirdischen Hörsaals durch Gigon/Guyer grundlegend erneuert, ihr Dach begrünt und die Liegewiese vor dem Kollegiengebäude durch ein rosafarbenes Wasserbecken ersetzt.O.C.
Als Sohn des damals führenden Aargauer Architekten Robert Moser (1833-1901) in Baden geboren, unternahm er nach dem Studium am Eidgenössischen Polytechnikum (ab 1905 ETH) 1878-82 und an der Pariser Ecole des Beaux Arts 1882-84 eine ausgedehnte Studienreise nach Italien. 1888 gründete er in Karlsruhe mit dem in St. Gallen als Sohn eines Textilkaufmanns geborenen, in Karlsruhe aufgewachsenen Robert Curjel (1859-1925) ein überaus erfolgreiches, gut vernetztes Architekturbüro, das seit 1892 auch in der Schweiz Niederlassungen hatte. Die Arbeit an den zahlreichen Bauprojekten des Büros wusste er mit Reisen nach Frankreich, England, Belgien, Deutschland, Österreich und Italien zu verbinden, auf denen er – ständig mit dem Zeichenstift unterwegs – sich mit historischen und aktuellen Bauten beschäftigte und Kontakte knüpfte.
Mit der Berufung an die ETH 1915, wo Moser zum wichtigsten Entwurfsprofessor neben Gustav Gull wurde, endete die Bürogemeinschaft mit Robert Curjel. Neben seiner Lehrtätigkeit betrieb Moser in Zürich ein eigenes Architekturbüro und arbeitete 1916-25 in verschiedenen städtischen Kommissionen an der Stadtplanung mit. Im Laufe seines Lebens beschäftigte er sich mit nahezu allen öffentlichen und privaten Bauaufgaben: Kirchen, Bahnhofs-, Schul- und Museumsbauten, Banken, Hotels, Wohn- und Geschäftshäusern, Villen und Siedlungen. Er verstand Architektur immer als eine gesellschaftliche und gestalterische Aufgabe, die es rational und undogmatisch, ausgehend von der geforderten Funktion und örtlich gegebenen Situation mit den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln und Materialien im Zusammenwirken mit den anderen Künsten plastisch zu lösen galt. Bis zum Ersten Weltkrieg stand sein Schaffen in der Tradition des süddeutschen Jugendstils, der auf historische Stile zurückgreifende, strenge und schwere Formen bevorzugte. In Zürich dokumentieren die von ihm errichteten Gebäude für das Kunsthaus (1907-10) und die Universität (1911-14) diese Phase. In der Kirche Fluntern (1918-20) manifestiert sich Mosers Hinwendung zum Neuklassizismus.
Reisen in die Niederlande und nach Paris brachten ihn seit 1922 in Kontakt mit Bauten und Vertretern der frühen Moderne, wie Hendrik Petrus Berlage, Jakobus Johannes Pieter Oud, Mart Stam, Auguste Perret und Le Corbusier. Fasziniert von der Verwirklichung äusserster Sachlichkeit und Einfachheit in deren Bauten entwickelte er selbst eine den neuen Materialien und Konstruktionsmöglichkeiten entsprechende, durch einfache Körper und skulpturale Klarheit bestimmte Architektur. So errichtete er 1924-27 die Basler Antoniuskirche als reine, unverkleidete Eisenbetonkonstruktion – damals ein absolutes Novum in der Schweiz.
1928, im Jahr seines Rücktritts von der Lehrtätigkeit an der ETH, unterstützte er Sigfried Giedion und seine Schüler Max Ernst Haefeli, Rudolf Steiger und seinen Sohn Werner M. Moser bei der Gründung der CIAM (Congrès Internationaux d’ Architecture Moderne). Die der Entwicklung von Mosers Formensprache zugrunde liegende und in seiner Lehrtätigkeit immer wieder vertretene Überzeugung vom unbedingten Gegenwartsbezug der Architektur jenseits der Zwangsjacke einer erlernten Ästhetik macht ihn zu einem der Wegbereiter der pragmatisch orientierten Schweizer Moderne. O.C.
1909-11 liess der 1885 gegründete, den Prinzipien der Hilfe zur Selbsthilfe und der unterschiedlichen Geschlechterrollen verpflichtete „Gemeinnützige Frauenverein Zürich“, der sich vielseitig für Frauenanliegen einsetzte und seit 1897 zahlreiche Kinderkrippen aufgebaut hatte, das Schulgebäude für die Haushaltungsschule am Zeltweg errichten.
Das 1896 eröffnete, zunächst im Wohnhaus „Morgenthal“ an der Gemeindestrasse 11 untergebrachteSeminar für Haushaltslehrerinnen entwickelte sich zu einer eigentlichen Haushaltungsschule mit einem breiten Lehrangebot. Ab 1911 wurden im neuen Schulhaus neben Haushaltslehrerinnen auch Hausbeamtinnen ausgebildet und Kurse angeboten, die junge Frauen auf ihr Leben als Hausfrau und Mutter vorbereiten sollten.
Das von Robert Zollinger (1856-1939) entworfene, an ein Palais des 18. Jahrhunderts erinnernde Schulhaus ist ein typischer Schulbau des Heimatstils. Grosse Fenster dominieren in einem strengen Raster aus Lisenen und Brüstungsfeldern die Fassaden, über denen sich ein mächtiges, von einem Dachreiter bekröntes Mansardenwalmdach erhebt. Reliefs schmücken den Portikus am Eingang.
Ab Ende der 1960er Jahre erfuhr die Haushaltungsschule zahlreiche Umstrukturierungen und wurde schliesslich 2002 in die Pädagogische Hochschule integriert.Das Gebäude wird seit 2013 für den Instrumentalunterricht der Kantonsschule Rämibühl genutzt.O.C.
1835 liess Johann Jakob Spörri das Doppelwohnhaus, in dessen Hinterhaus (5) er im Erdgeschoss eine Glaserwerkstatt einrichtete, erbauen. Die beiden Wohnhäuser gehören zu einer grösseren Gruppe früher Baumeisterhäuser, die kurz nach der Abtragung der Schanzen am Zeltweg und im Geviert Gemeinde-, Steinwies- und Minervastrasse als neuartige Miethäuser mit Etagenwohnungen in den Obergeschossen und Gewerberäumen im Erdgeschoss entstanden sind. Bereits drei Jahre später liess Caspar Spörri auf der südwestlich angrenzenden Parzelle ein Ladengebäude mit Holzschopf (3) errichten. Das 1850 zur Werkstatt umfunktionierte Nebengebäude erfuhr einen erneuten Umbau, als es der Apotheker Christian Wernle in den 1860er Jahren zusammen mit dem Vorderhaus (7) erwarb und darin 1866 die erste Apotheke Hottingens eröffnete. Damals gestaltete Wernle auch das Erdgeschoss des Vorderhauses zur Wohnung um. Um 1900 waren die beiden Gebäude im Besitz der Apothekerfamilie Hauser, die die klassizistische Ladenfront der Apotheke in Jugendstil-Formen erneuern liess.
Als Adolf Hauser Marguerite Jeanneret heiratete, erhielt deren Cousin Charles Edouard Jeanneret (1887-1965) 1915 den Auftrag, im Vorderhaus das Treppenhaus und die beiden Obergeschosse neu zu gestalten und auch das Mobiliar teilweise zu entwerfen. Im neu eingerichteten Gästeappartement stieg Le Corbusier, wie sich der Architekt seit den 1920er Jahren nannte, künftig ab, wenn er in Zürich weilte.
Nach dem Tod Adolf Hausers verkaufte dessen Witwe die Liegenschaft 1943 an Adolf Gerber, der die „Adler Apotheke“ bis zu ihrer Aufhebung 1974 weiterführte. 1949 konnte er auch das Hinterhaus erwerben, in dem ein Glaser und ein Polsterer ihre Werkstätten hatten. Schrittweise liess der neue Eigentümer die Häuser sanieren und umgestalten: 1945 wurde etwa die Strassenfassade des Vorderhauses mit dem Apotheker-Emblem geschmückt und ein halbes Jahrzehnt später lösten im Hinterhaus Büro- und Wohnräume die Werkstätten ab. Im Gefolge dieser Umnutzung, hatte die 1920 gegründete „Julius Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene“ (seit 1971 „Julius Klaus-Stiftung für Genetik und Sozialanthropologie“) unter ihrem Präsidenten, dem emeritierten Professor für Anthropologie Otto Schlaginhaufen, 1951-70 ihre Büros und das Lager für Schlaginhaufens Schädelsammlung in Räumen des Hinterhauses. O.C.
Vermutlich errichteten bereits im 16. Jahrhundert die ersten wohlhabenden Zürcher Bürger Landsitze vor den Toren der Stadt. Eines der ältesten Häuser, die diesem Zweck dienten, war das „Steinhaus“ am Standort des heutigen Wohn- und Theaterkomplexes „Zum Pfauen“. Im 18. Jahrhundert verlottert, wurde es nach der Niederlegung der Schanzen und der Verbindung des Zeltwegs mit der Altstadt (1834), der Anlage von Rämi- (1836) und Hottingerstrasse (1871/72) sowie dem Bau der Quaibrücke (1882-84) zum Spekulationsobjekt an einem zentralen Verkehrsknotenpunkt zwischen Altstadt und Hottingen, Enge und Fluntern.
Hier eröffnete Heinrich Hürlimann aus Dürnten 1879/80 das Restaurant „Zum Pfauen“, fügte ihm 1882 nach dem Kauf des „Steinhauses“ einen Gartenpavillon an, den er schon ein Jahr später als „Concert-Halle Pfauen“ bewarb und kurz darauf zum „Flora-Theater im Pfauen“ umbaute. Der sommerliche Amüsierbetrieb florierte, so dass Hürlimann in den folgenden Jahren sämtliche Nachbargebäude erwarb und 1888/89 von Alfred Chiodera und Theophil Tschudy den heute noch weitgehend erhaltenen Gebäudeblock errichten liess. Der als repräsentativer Hottinger Torbau gestaltete Komplex ist eine der ersten Zürcher Arealüberbauungen. Rentable Wohnhäuser mit schlossartig gestalteter, neubarocker Fassade in den Randbereichen an Zeltweg und Hottingerstrasse umschliessen einen rückwärtigen Kuppelsaal mit Galerie und Bühne für etwa 800 Personen im weniger attraktiven Mittelteil hinter dem Torbau gegen die Rämistrasse.
Der von Heinrich Hürlimann neu erbaute Pfauenkomplex, um 1900.
Das „Volkstheater am Pfauen“ bewirtete während der populären Schwank-, Tanz- und Musikaufführungen die an Tischen sitzenden Zuschauer.
Der Saal des Pfauentheaters. Lithographie, um 1890.
1901 wurde der inzwischen stark heruntergekommene Pfauen-Saal vom Stadttheater Zürich übernommen, dessen Direktor Alfred Reucker (1868-1958) anspruchsvolles Sprechtheater auf die Bühne brachte und bis Anfang der 1920er Jahre den Ruf des Schauspielhauses als eines der bedeutenden deutschsprachigen Theater begründete. 1926 übernahm der Händler, Fabrikant und Verleger Ferdinand Rieser (1886-1947), seit 1922 Mehrheitsaktionär der Theater AG, die Leitung des Schauspielhauses. Er unterzog das Theater nach Plänen von Otto Pfleghard d. Ä. (1869-1958) und Max Häfeli (1869-1941) einer umfassenden Renovation und Modernisierung: Die Bühne wurde vergrössert, ebenso der in den Farben Rot, Weiss, Gold gestaltete, bis heute erhaltene schlicht-elegante Art-déco-Zuschauerraum. Hinzugefügt wurden Foyer und Garderoben. Die Infrastruktur für die Schauspieler blieb prekär. Dies sollte sich erst mit der Totalsanierung 1976/77 ändern, nachdem das 1964 von Jörn Utzon (1918-2008) vorgelegte Projekt eines Schauspielhausneubaus unterhalb der Alten Kantonsschule, da wo sich nun David Chipperfields Erweiterungsbau des Kunsthauses erhebt, gescheitert war. O.C.
Der 1926 umgebaute Zuschauerraum des Schauspielhauses nach der Renovation 1976/77.
Das allgemeine Bevölkerungswachstum, die Gründung des schweizerischen Bundesstaates 1848 und der daraus resultierende wirtschaftliche Aufschwung führten zur raschen Zunahme der Zahl der Kantonsschüler auf 860 im Jahr 1904/05. Der zunehmenden Raumnot und dem Druck, im Interesse der Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb die Qualität der höheren Bildung zu stärken, begegnete die Zürcher Regierung 1906-09 mit dem Bau der „Neuen Kantonsschule“ auf der Wässerwiese oberhalb des Altbaus. Die von Kantonsbaumeister Hermann Fietz (1869-1931) errichtete neubarocke Vierflügelanlage diente der Kantonsschule und dem Chemischen Institut der Universität.
Diese Doppelfunktion manifestiert sich in den beiden mit Jugendstil-Elementen reich geschmückten Portalrisaliten der durch Freitreppen erschlossenen Repräsentationsfassade gegen die Rämistrasse.
Während das Realgymnasium in der Alten Kantonsschule verblieb, bezogen die Industrieschule (heute MNG) und die von dieser 1904 organisatorisch abgetrennte Handelsschule (heute Wirtschaftsgymnasium Enge) das neue Gebäude, das auch die naturwissenschaftlichen Fachzimmer der ganzen Kantonsschule beherbergte.
Mit dem Bau der Kantonsschule Rämibühl ging das ganze Gebäude 1970 an die Universität über und wurde 2002–04 für das Rechtswissenschaftliche Institut saniert und um einen von Santiago Calatrava (*1951) konzipierten Hofeinbau für die Bibliothek erweitert. O.C.
Nach dem Zusammenschluss der 1787 von Künstler und Kunstliebhabern gegründeten Künstlergesellschaft und des 1895 ins Leben gerufenen Vereins Künstlerhaus im Jahr 1896 zur Zürcher Kunstgesellschaft, begann diese 1902 mit der Planung eines neuen Museumsbaus für die Sammlung der Künstlergesellschaft und einer Kunsthalle für temporäre Ausstellungen. Der vorgesehene Standort im Garten des von Johann Heinrich Landolt (1831-85) der Stadt vermachten, im Tausch für das Künstlergüetli der Kunstgesellschaft überlassenen Familiensitzes „Zum Lindenthal“ war ideal: Nach der Niederlegung der Schanzen und der Anbindung des Zeltwegs (1834), der Anlage von Rämi- (1836) und Hottingerstrasse (1871/72) sowie des Baus der Quaibrücke (1882-84) war die Kreuzung nördlich des „Lindenthals“ zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt zwischen Altstadt und Hottingen, Enge und Fluntern geworden. Zusammen mit dem Schauspielhaus im Theater „Zum Pfauen“ bildet das Kunsthaus heute den Auftakt zur Kulturmeile, die sich seit dem Bau der Alten Kantonsschule entlang der Rämistrasse entwickelt hatte. Diese städtebauliche Situation manifestiert sich im 1907-10 von Karl Moser als Tempel der Kunst und Tor zur Altstadt gestalteten, aus zwei Baukörpern bestehenden Museumskomplex. Im Gegensatz zu Gustav Gull, der das Landesmuseum 1892-98 als Nationalmonument konzipiert hatte, dessen spätmittelalterliche Architekturanleihen die Blütezeit der Alten Eidgenossenschaft beschworen, bezog sich Moser auf die Antike als Blütezeit der Kunst, indem er eine Formensprache wählte, die einem nüchternen, griechisch geprägten Jugendstil verpflichtet ist.
Der den Platz dominierende, dreigeschossige, kubische Hauptbau mit tempelartigem Eingang und monumentalem Metopenfries unter der mächtigen Pyramide des Glasdachs nahm die Verwaltung, den grosszügigen Treppenaufgang zur doppelgeschossigen, lichthofartigen Halle sowie die Räume und den grossem Oberlichtsaal für die Sammlung auf. Den zweigeschossigen, niedrigeren grosszügig befensterten Ausstellungstrakt mit abgewinkelten Ecken gegen die Rämistrasse, dessen obere Fassadenhälfte eine toskanische Säulenarchitektur mit Nischenfiguren feingliedriger erscheinen lässt, überspannt ebenfalls ein Glaswalmdach.
Im Sinne eines Gesamtkunstwerks hat Moser Architektur, Bauplastik, Ausstattung und Ausstellungsgut zu einer Einheit verbunden. Das von der Wiener Sezession inspirierte Innere umgibt durch die Wandbilder von Ferdinand Hodler und Cuno Amiet in der Halle, die üppigen, Akzente setzenden Ornamente, die farbige Wand- und Bodenverkleidung in erlesenen Materialien sowie die darauf abgestimmten Möbel und Leuchter die gezeigte Kunst mit einer sakrale Aura.
Das rasche Wachstum der Sammlung machte schon bald eine erste Erweiterung nötig, die Moser in Anlehnung an den Hauptbau 1924-26 als Kubus mit Glaswalmdach zwischen Altbau und „Lindenthal“ (1972 abgebrochen) realisierte. Die verglichen mit dem Altbau karge, den Funktionalismus der niederländischen Moderne aufnehmende Architektur der Ausstellungsräume konzipierte Moser nun als diskreten, neutralen Hintergrund der ins Zentrum gerückten Bilder und Skulpturen.
Während der 1954-58 zu Mosers Kunsthaus hinzugefügte„Bührle-Bau“ den Altbau mit dem Erweiterungsbau nördlich des Platzes verbindet, ist der 1973-76 angebaute Ausstellungstrakt vom Heimplatz aus nicht sichtbar.O.C.