Musik

Hans Roth (1934-99), Architekt, Theologe und Entwicklungshelfer

Submitted by ottavio.clavuot on Tue, 09/13/2022 - 11:05

In eine katholische, ursprünglich aus dem Kanton Zug stammende Arbeiterfamilie geboren, wuchs Hans Roth an der Oberdorfstrasse in der Zürcher Altstadt auf. Nach der Matura an der Oberrealschule (heute MNG Rämibühl) 1954 trat er in den Jesuitenorden ein und studierte zunächst Alte Sprachen und Philosophie an den Ordensschulen in Feldkrich und in Pullach, bevor er sich 1961-66 an der ETH zum Architekten ausbilden liess und als Praktikant in Zürich, Dublin, Athen und Delhi berufliche Erfahrung sammelte. Es folgte ein Theologiestudium im englischen Oxon und im indischen Pune, wo er unter anderem einen jesuitischen Ashram baute. 1970-72 arbeitete er als Architekt in Bellinzona und Feldkirch. Als der Missionsprokurator der Schweizer Jesuiten zum 200. Todestag des Jesuitenmissionars Martin Schmid (1694-1772) die Restaurierung von San Rafael de Chiquitos, einer von diesem erbauten Missionskirche, lancierte, bat Roth um die Übertragung des Auftrags.

Hans Roth
Hans Roth misst zusammen mit dem leitenden Schnitzer die Vorzeichnung der Ornamente auf einer Säule für die Kirche von Concepción ein.

1691 nahmen die Jesuiten die Mission in der Chiquitania im heutigen Bolivien auf, nachdem die durch Sklavenjäger bedrängten sowie an Eisenbeilen für die Brandrodung interessierten Chiquitos um die Entsendung von Missionaren gebeten und die spanischen Autoritäten dem Vorhaben zur Sicherung der dünn besiedelten Urwaldregion gegen portugiesische Vorstösse zugestimmt hatten. So entstanden bis zur Ausweisung der Jesuiten aus dem spanischen Kolonialreich 1767 zehn bis heute bestehende Missionsdörfer, in denen die Missionare die verschiedenen Stämme der Chiquitania zusammenzogen und zur christlichen Nation der Chiquitanos verschmolzen.

Dobrizhoffer Paraguay
Die Karte von Paraguay zeigt die zehn 1767 bestehenden Jesuitenmissionen der Chiquitania. Martin Dobrizhoffer, Wien 1783.

Die nach dem Vorbild der Jesuitenreduktionen Paraguays (1609-1768) organisierten und auf rechtwinkligem Raster um einen zentralen Platz angelegten autonomen Dörfer prosperierten dank verbesserter landwirtschaftlicher und handwerklicher Techniken wirtschaftlich und wuchsen rasch.

Peramas Candelaria
Ansicht der Jesuitenmission Candelaria und Census der Reduktionen in Paraguay 1767. Die eingeschossigen Wohnhäuser mit Laubengängen hat der Kupferstecher als zweigeschossige Bauten mit Pilastern missverstanden. José Manuel Peramás, Faenza 1791.

1730 traf Martin Schmid, Spross einer einflussreichen Ratsherrenfamilie aus Baar im Kanton Zug, nach vierjähriger Reise in San Javier de Chiquitos ein. Schmid, der über eine solide musikalische Ausbildung und vielseitige praktische Begabung und Erfahrung verfügte, wurde mit dem Aufbau der Orchester, Chöre und Musikschulen der Missionsdörfer betraut. Zudem unterwies er Einheimische im Instrumentenbau, organisierte den musikalischen Spielplan des Kirchenjahrs und komponierte kirchliche Vokal- und Instrumentalmusik.

Chiquitano-Geige
Chiquitano-Geige mit geschnitztem Menschenkopf als Schnecke und alte Partitur.

Als 1745 im ganzen Missionsgebiet der Neubau der teilweise noch aus der Gründungszeit stammenden Kirchen und Missionarswohnungen, Schulen, Werkstätten, Garten und Friedhof umfassenden Pfarreizentren in Angriff genommen wurde, übernahm Schmid den Bau der Kirchen von San Rafael (1746-49), San Javier (1749-52) und Concepción (1752-55). Mit Unterstützung einheimischer Handwerker errichtete er sie nach dem Vorbild der Jesuitenkirchen in Paraguay und in Anlehnung an indianische Gemeinschaftshäuser als dreischiffige Holzskelettkirchen mit umlaufenden Laubengängen, Vorhalle, Adobemauern und Ziegeldach, die er mit Schnitzwerk, Malerei und Keramikornamenten in barocken Formen dekorierte und ausstattete.

San Javier de Chiquitos Portalfront
Das auf tief im Boden verankerten salomonischen Säulen ruhende Vordach der Vorhalle von San Javier schützt Reliefs und Malereien der aus Lehmziegeln errichteten Fassade.

Als Hans Roth 1972 eintraf waren die entvölkerten Dörfer und die Kirchen in einem baulich schlechten Zustand, da die Chiquitania und deren indianische Bevölkerung nach 1850 der Ausbeutung weisser Grossgrundbesitzer überlassen worden war, denen auch die seit 1931 hier wirkenden deutschsprachigen Franziskanermissionare wenig entgegenzusetzen hatten. In San Rafael, dessen Kirche 1972-80 niedergelegt und mit teilweise neu geschnitzten Hölzern wiedererrichtet wurde, erkannte Roth rasch die weitreichende gesellschaftliche, wirtschaftlich und kulturelle Bedeutung der Restaurierung der Kirchen: So half die Beschäftigung und die Ausbildung indianischer Arbeiter diesen, sich aus der Schuldknechtschaft zu befreien und eine eigene Existenz aufzubauen, stärkte das Bewusstsein von Gemeinschaft und kultureller Identität und erlaubte dank der Entdeckung und Rettung des bedeutendsten südamerikanischen Bestands alter Notenhandschriften die Wiederbelebung der barocken Missionsmusik.

Audio file
Pastoreta Ychepé Flauta. Das von einem unbekannten Chiquitano-Komponisten möglicherweise für Martin Schmid komponierte Werk ist in Santa Ana und San Rafael erhalten geblieben. Archivio Musical de Chiquitos.

So entwickelte sich aus der Begegnung mit dem bayerischen Franziskaner Antonio Eduardo Bösl (1925-2000), seit 1952 Missionar in der Chiquitania und seit 1973 Bischof in Concepción, eine lebenslange, fruchtbare Zusammenarbeit. Der baufreudige Bischof übertrug Roth die Restaurierung der Kirche in Concepción (1974-82) und 1975 den Ausbau und die Leitung der bischöflichen Werkstätten mit rund 140 Arbeitsplätzen, in denen auch Holz-, Metall- und Ziegeleifacharbeiter ausgebildet wurden, sowie schliesslich sämtliche Bauaufträge. 1976 trat Roth aus dem Jesuitenorden aus und gründete eine Familie in Concepción. In den folgenden Jahren restaurierte er mit einfachster Bautechnik und immer wieder selbst Hand anlegend neben San Javier (1987-93) vier weitere Missionskirchen sowie verschiedene Häuser im historischen Zentrum von Concepción.

San Javier de Chiquitos Innenraum
Im Innern von San Javier wird das tragende Holzskelett des Bauwerks bis auf die in die Adobewände eingemauerten Säulen sichtbar.

Gleichzeitig realisierte er in kirchlichem Auftrag rund 140 Neubauten: Kirchen, Kapellen und Pfarrhäuser, Schulen und Kindergärten, Schwesternhäuser und Spitäler sowie Wohn- und Gewerbebauten. In seinen Kirchenbauten nahm Roth die einheimische Tradition des Holzskelettbaus mit Adobe- oder Bruchsteinmauern auf und verband sie in sorgfältiger Abstimmung auf die liturgische Funktion, die klimatischen Bedingungen und die Umgebung mit Le Corbusiers Konzept der freien Grundrissgestaltung.

Ascension de Guarayos
In der 1983-87 als breitgelagerte, dreischiffige Halle erbauten Kirche von Ascensión de Guarayos hob Roth durch das Glas- und Fensterband zwischen Dach, Holzsäulen und Wänden die allein tragende Funktion der Pfeiler hervor.

Vielfach entwarf er auch das Mobiliar sowie die schmückenden Reliefs und Skulpturen, die von Schnitzern der bischöflichen Werkstätten ausgeführt wurden. Sein architektonisches Schaffen verstand er in der Nachfolge Schmids als Form der Verkündigung und des Gottesdiensts sowie einen über den rein technokratischen Ansatz klassischer Entwicklungshilfe hinausgehenden, auch die spirituelle Dimension umfassenden Beitrag zur Emanzipation der indianischen Bevölkerung. Von sozialistischer Seite wurden ihm daher Geldverschwendung und Kolonialismus vorgeworfen.

El Chochis
Das 1988-92 am Fuss eines gewaltigen Felsens errichtete Wallfahrtsheiligtum von El Chochís bettete Roth harmonisch in die Landschaft ein. In der zentralen, von Laubengängen erschlossenen Kirche ist der intime Innenraum für Meditation mit der Aussenkapelle und der Aussenbühne für Massenveranstaltungen auf quadratischem Grundriss zu einem kompakten Baukörper verschränkt.

Mit der Neuinterpretation des traditionellen Holzskelettbaus hat er zudem im regionalen Kontext stilprägend gewirkt. Die Erhebung der Missionskirchen der Chiquitania zum UNESCO-Weltkulturerbe 1990 bedeutete nicht nur eine Anerkennung seines Wirkens, sondern öffnete ebenso wie die von ihm angeregte, 1996 erstmals durchgeführte Biennale amerikanischer Renaissance- und Barockmusik die abgelegene Region gegenüber der Welt. Allerdings setzte damit auch eine gewisse Folklorisierung der chiquitanisch-jesuitischen Tradition ein. O.C.

La Asunta
In der 1995-96 errichteten Kirche von La Asunta erlauben die mit Marien- und Christusreliefs nach Roths Entwürfen geschmückten Flügeltüren die vollständige Öffnung der Halle auf zwei Seiten.      

Rolf Liebermann (1910-99)

Submitted by ottavio.clavuot on Sun, 08/21/2022 - 04:59

Rolf Liebermann wurde am 14. September 1910 in Zürich geboren. Nach einem abgebrochenen Jurastudium schlug er eine musikalische Karriere ein. Nach einem Dirigierkurs bei Hermann Scherchen wurde er dessen Assistent in einem Wiener Orchester. Später studierte er Komposition bei Wladimir Vogel. Es folgte eine Anstellung als Tonmeister bei Radiostudio in Zürich. Während dieser Zeit wohnte er am Zeltweg 7.

Rolf Liebermann
Rolf Liebermann. Foto 1980.

Nach der Leitung zweier Musikabteilungen am Radio (SRG und NDR) wurde er Intendant an der Staatsoper in Hamburg. Als solcher ermöglichte er zahlreiche Uraufführungen moderner Komponisten und verschaffte dem Betrieb internationales Renommée. Als Komponist war er einerseits geprägt von der Zwölftontechnik, andererseits angetan von rhythmischer Vitalität. In Furioso, welches 1947 in Darmstadt zur Uraufführung kam, markierte er seinen eigenen Stil.

Audio file
Furioso

1954 schrieb er das Concerto for Jazz Band and Symphony Orchestra, welches ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die späteren Stilrichtungen Third Stream und Crossover darstellte.

Audio file
Concerto for Jazz Band and Symphony Orchestra: IV. Blues

Für die Schweizerische Landesausstellung 1964 realisierte er seine Komposition Les Echanges für 156 Maschinen, die später auch für Orchester adaptiert wurde. Mit mechanisch angesteuerten Schreibmaschinen, Kassen und Telefonapparaten machte er avantgardistische Musik einer Masse zugänglich. Mit 88 Jahren starb Rolf Liebermann in Paris. S.M.

Audio file
Les Echanges (Symphonie)
Ober- und Ordnungsbegriffe

Armin Schibler (1920-86)

Submitted by ottavio.clavuot on Sun, 08/21/2022 - 04:26

Armin Schibler war ein Schweizer Komponist und Musikpädagoge. Geboren wurde er am 20. November 1920 in Kreuzlingen, das Gymnasium absolvierte er allerdings in Aarau. Danach studierte er am Konservatorium Zürich Musik. Ab 1947 wohnte an der Wolfbachstrasse 33 und unterrichtete bis zu seiner Pensionierung am Literargymnasium Rämibühl.

Armin Schibler
Armin Schibler

Zeitweise war er der am meisten aufgeführte zeitgenössische Schweizer Komponist, gewann einige Kompositionswettbewerbe und schrieb im Auftrag von renommierten Institutionen wie der Zürcher Tonhalle. Neben sinfonischen Orchesterwerken schrieb er in einer frühen Phase auch zahlreiche Solowerke für verschiedene Instrumente wie beispielsweise die Bratsche.

Audio file
Konzert für Streichorchester, Op. 12a: III. Allegro giocoso
Audio file
Kleines Konzert Für Die Bratsche Allein: II. Capriccio

Seine spätere Musik, die heute leider zum Grossteil wieder in Vergessenheit geraten ist, suchte die Verbindung verschiedenster Elemente. So flossen Aspekte von Schönbergs Zwölftontechnik ebenso ein wie Jazzrhythmen oder elektronische Klänge. Seine «Maximal Music» – zu hören in La Folie de Tristan – sollte Brücken schlagen in einer Musikszene, die zu seiner Zeit von Grabenkämpfen überschattet war. Kurz vor seinem 66. Geburtstag erlag Armin Schibler in Zürich einem Krebsleiden. S.M.

Audio file
La folie de Tristan: L'adieu des amants

Paul Burkhard (1911-77), Komponist und Dirigent

Submitted by ottavio.clavuot on Mon, 02/21/2022 - 13:36

Paul Burkhard war ein Schweizer Komponist und Dirigent. Er wurde am 21. Dezember 1911 in Zürich geboren, wuchs in einem musikalischen Umfeld auf und studierte Klavier und Komposition. Von 1935 bis 1957 war er am Zeltweg 9 wohnhaft und übernahm ab 1939 die musikalische Leitung des benachbarten Schauspielhaus Zürich. Sein Lied «O mein Papa» aus dem musikalischen Lustspiel «Der schwarze Hecht» wurde zum Welthit: Es existieren mittlerweile mehr als 1000 Versionen in 42 Sprachen.

Audio file
O mein Papa. Interpretin Lys Assia.
Paul Burkhard
Paul Burkhard und Lys Assia.

«Die kleine Niederdorfoper» wurde 1951 am Schauspielhaus uraufgeführt und erfreute sich grosser nationaler Beliebtheit, nicht zuletzt wegen des Schauspielers Ruedi Walter in seiner Paraderolle des Heiri.

 

Audio file
Die kleine Niederdorfoper. Jässodu! - De Heiri hät es Chalb verchauft. Interpret: Ruedi Walter.
Niederdorfoper
Ruedi Walter in der kleinen Niederdorfoper.

1959 baute sich Burkhard dank seiner Tantiemen sein Traumhaus im Dorf Zell in der Nähe von Winterthur. Für die Dorfschüler schrieb er das Weihnachtsspiel «D’Zäller Wiehnacht». Der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt bezeichnete dies als Burkhards wichtigstes Werk.

 

Audio file
D’Zäller Wiehnacht. Das isch de Schtärn vo Bethlehem. Interpreten: Kinder der Schule Hinwil, Junge Kirche Hinwil Bläserensemble, Werner Heer & René Kiener.

Im Jahr 1977 starb Paul Burkhard nach einer schweren Krebserkrankung. S.M.

Ober- und Ordnungsbegriffe

Wohnhäuser, Wolfbachstrasse 33, 35, 39

Submitted by ottavio.clavuot on Fri, 08/27/2021 - 11:41

Nach der Niederlegung der Schanzen entstanden entlang des Wolfbachs neue Gewerbe- und Wohngebäude, die die bäuerlichen Bauten allmählich verdrängten. Typische Repräsentantin des dörflich-vorstädtischer Charakter von Siedlung und Architektur ist die seit 1837/38 an Stelle von zwei Bauernhöfen errichtete Häusergruppe, die nach 1850 ständig aufgestockt und erweitert wurde und 1881 mit dem Bau von zwei Mietshäusern (Nr. 39) ihr heutiges Aussehen erhalten hat.

Wolfbachstrasse 33, 35, 39
Ganz rechts der Neubau von 1881.

Die Neubauten von 1881 sind sogenannte Baumeisterhäuser – ein typisches Phänomen des raschen Wachstums der Zürcher Vororte nach 1830. Vor der Gründung des Eidgenössischen Polytechnikums (heute ETH) 1855 gab es in Zürich nur wenige, im Ausland geschulte akademische Architekten, wie z.B. Carl Ferdinand von Ehrenberg und Gustav Albert Wegmann, die für eine grossbürgerliche Bauherrschaft oder den Staat bauten. Die meisten Bauten wurden von handwerklich geschulten, lokalen Baumeistern für eine vorwiegend kleinbürgerliche Bauherrschaft oder auch als Spekulationsobjekte auf eigene Rechnung errichtet. Diese freistehenden, mehrgeschossigen, über rechteckigem, meist fast quadratischem Grundriss erstellten Wohn- und Gewerbebauten variierten alle das gleiche Grundmuster. Im Erdgeschoss lagen die Gewerberäumlichkeiten, in den Obergeschossen Etagenmietwohnungen (eine pro Geschoss).

Riesbach Baueingabepläne
Zum Vergleich: Baueingabepläne für ein Wohnhaus mit Gärtnerei, 1869.

Während das Erdgeschoss gemauert war, wurden die Obergeschosse als Fachwerkkonstruktion mit Bruchsteinausfachung erstellt. Erst als seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Zürich Grossbetriebe mit mechanischen Ziegelpressen und Ringöfen die handwerklich arbeitenden Ziegelhütten verdrängten, kamen zunehmend Ziegel zum Einsatz. Die Normierung des Backsteinformats durch den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein 1883 verhalf dem Ziegel schliesslich zum Durchbruch und leitete die Standardisierung der Baumasse ein. Das äussere Erscheinungsbild der Baumeisterhäuser ist gekennzeichnet durch regelmässig befensterte Fassaden, zurückhaltend eingesetzten klassizistischen Bauschmuck, Satteldach und in vielen Fällen mit die Trauffront krönendem Zwerchgiebel. Erschlossen werden die Geschosse durch das meist in einer Gebäudeecke platzierte Treppenhaus, die Wohnungen in der Regel über einen schmalen Mittelkorridor. Ausgestattet sind die Wohnräume mit Holztäfelung, Tapeten, vorgefertigtem Stuckdekor an den Decken, Fliesen- und Parkettböden sowie Kanonenöfen. Die Küchen verfügen über Eisenherd und Schüttstein. Die Toiletten sind vom Treppenhaus aus zugänglich. O.C.

1947-86 lebte der Komponist Armin Schibler (1920-86), der von 1944 bis zu seinem Tod am Literargymnasium Musik unterrichtete, im Haus Wolfbachstrasse 33.

Richard Wagner (1813-83), Komponist

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 20:10

In Leipzig geboren, wirkte Richard Wagner nach ersten bewegten Jahren in Würzburg, Magdeburg, London und Paris 1843-49 als Hofkapellmeister in Dresden. Hier komponierte er die Opern Tannhäuser und Lohengrin. Nach der Niederschlagung der Revolution 1849 flüchtete er mit Franz Liszts Hilfe nach Zürich, Niederschlagung der Revolution 1849 flüchtete er mit Franz Liszts Hilfe nach Zürich, wo er in den Escher-Häusern am Zeltweg wohnte. Mit der Aufführung von Beethoven-Sinfonien und von eigenen Werken in der Allgemeinen Musik-Gesellschaft sowie im Aktientheater bereicherte er das Zürcher Musikleben.

Richard Wagner
Richard Wagner. Lithografie von Johann Caspar Scheuchzer um 1842.
Audio file

 Züricher Vielliebchen-Walzer, WWV 88 (1854)

Im Gartenhaus der Villa Wesendonck (heute Museum Rietberg), in der er zeitweise als Gast des Seidenkaufmanns Otto Wesendonck lebte, entwarf er wesentliche Teile des Rings des Nibelungen und verfasste Schriften, wie Die Kunst und die Revolution, Das Kunstwerk der Zukunft und Oper und Drama, aber auch das antisemitische Pamphlet Das Judentum in der Musik. Mitte der 1850er Jahre gehörte er zu den Gästen Georg und Emma Herweghs, in deren Wohnung deutsche, italienische, aber auch einheimische Künstler, Literaten und politische Aktivisten, wie z.B. Gottfried Semper, Franz Liszt, Francesco de Sanctis (1817-83), Felice Orsini (1819-58) und Gottfried Keller, verkehrten. 1858-61 lebte er abwechselnd in Venedig, Paris und Luzern. Seine Liebe zu Mathilde Wesendonck, der Frau seines Zürcher Gastgebers, verarbeitete er in Tristan und Isolde.

Reklame Liebig - Richard Wagner

Richard Wagner 1858 in der Villa Wesendonck. Sammelbild des sechsteiligen Kartensets 883 zu Liebigs Fleischextrakt. Um 1900.

Audio file

 Wesendonck-Lieder, V. Träume, WWV 91 (1857-1858)

Audio file

 Tristan und Isolde, I. Einleitung, WWV 90 (1857-1859)

1866-72 weilte er mit Franz Liszts Tochter Cosima, die er nach ihrer Scheidung von Hans von Bülow 1870 heiratete, in Tribschen, wo ihn Friedrich Nietzsche mehrmals besuchte. Dort vollendete er auch die Meistersinger von Nürnberg und das für Cosima geschriebene Siegfried-Idyll. Die letzten Jahre verbrachte er in Bayreuth, wo er den Ring des Nibelungen vollendete. O.C.

Audio file

 Die Walküre, 3. Akt: Vorspiel, sog. Walkürenritt, WWV 86b (1856-1870)

Escher-Häuser, Zeltweg 7-15 / Steinwiesstrasse 3-9

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 19:27

Bauherr der sogenannten „Escher-Häuser“ war der 1795-1814 in den USA mit Grundstück- und Kolonialwarenhandel reich gewordene Grosskaufmann und Vater Alfred Eschers, Heinrich Escher-Zollikofer (1776-1853). Seine Absicht, nach der Niederlegung des barocken Schanzenrings ein ganzes, einheitlich geplantes, städtisches Quartier an der neuen Anbindung des Hottinger Zeltwegs an die Altstadt anzulegen, stiess auf grossen Widerstand und konnte schliesslich nur in reduzierter Form realisiert werden. Dennoch sind die „Escher-Häuser“ Ausdruck der neuen wirtschaftlichen Dynamik im Kanton Zürich und der Urbanisierung der stadtnahen Bauerngemeinde Hottingen nach der liberalen Revolution 1830.

Escher Häuser

Escher-Häuser, Gebäudezeile am Zeltweg. Zeichnung um 1860.

Die stattliche, klassizistische, durch Risalite und den zentralen Hofdurchgang gegliederte Gebäudezeile am Zeltweg mit den zugehörigen Hinterhäusern errichtete der Architekt Leonhard Zeugheer 1836-40. Der sich über 31 Fensterachsen ersteckende Frontbau war das erste vornehme, als Kapitalanlage errichtete Mietshaus in Zürich.

Escher-Häuser Zeltweg 7-15
Die durch Grösse und zurückhaltende Gliederung wirkenden Vorderhäuser mit den herrschaftlichen Wohnungen. Foto 1962.

Die herrschaftlichen Wohnungen waren mit Wandtäfer, Kachelöfen mit Goldornamentik, Wand- und Deckenmalereien ausgestattet. In das repräsentative Appartement im Mitteltrakt (Nr. 11) zog die Tochter des Bauherrn, die Malerin Clementine Stockar-Escher (1816-86) mit ihrer Familie ein. Am Zeltweg 13 wohnte Richard Wagner 1849-57. Im Haus Nr. 9 lebten die Kinderbuchautorin Johanna Spyri 1886-1901 und der Komponist Paul Burkhard 1935-57. In Nr. 7 logierte der Komponist Rolf Liebermann 1948-50.

Escherhäuser Kachelofen
Klassizistischer Kachelofen in einer der Wohnungen des Vorderhauses. Foto 1989.

In den Hinterhäusern befanden sich die Wohnungen für die Dienstboten – ebenfalls ein Novum im städtischen Umfeld und Zeichen eines erwachenden sozialen Bewusstseins. Die dreiteilige, schlichte Häuserzeile mit Satteldach orientiert sich sowohl in der äusseren Gestalt als auch im Grundriss der für damalige Verhältnisse grosszügig dimensionierten Etagenwohnungen an den Kosthäusern der ländlichen Industriebetriebe des frühen 19. Jahrhunderts. O.C.

Escher-Häuser Steinwiesstrasse 3-9
Die schlicht gehaltenen, klassizistischen Hinterhäuser für das Dienstpersonal. Davor der Hof zwischen den beiden Häuserzeilen. Foto 1937.
Spinnerei Wollishofen Kosthäuser
Zum Vergleich: Pläne der Kosthäuser der Spinnerei Wollishofen, 1872.