Klassik

Kunsthaus, Erweiterungsbau, Heimplatz

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 17:49

An Stelle des ehemaligen Wolfbachweihers, der beiden Turnhallen und des Turnplatzes der Alten Kantonsschule errichtete David Chipperfield (* 1953) 2016-21 einen mächtigen Kubus von mehr als 60 m Kantenlänge und 21 m Höhe, der einerseits die Sicht auf die Alte Kantonsschule auf der Schanze verstellt, andererseits den Heimplatz zum Kulturforum umgestaltet. Bereits 1934 hatte Karl Moser den Platz für einen Ausstellungsbau vorgeschlagen. Vier Jahre später propagierte Hans Hofmann, der Chefarchitekt der Landesausstellung 1939, im Zusammenhang mit der Planung des Bührle-Baus die Idee einer „Kunstinsel“ am Heimplatz, der geschlossen umbaut und für Fussgänger reserviert werden sollte. In den 1960er Jahren ortete der Architekt und Publizist Alfred Roth hier „das eigentliche kulturelle Zentrum der Stadt“, das mit dem 1964 prämierten Projekt für den Schauspielhausneubau von Jörn Utzon (1918-2008), dem Erbauer der Oper in Sidney, vollendet werden sollte. Utzon schlug einen grossflächigen, sich von der Alten Kantonsschule bis in den Heimplatz hinein ersteckenden Baukörper vor. Die auf den verkehrsbefreiten Platz zuführenden Verkehrsachsen sollten als Teil des geplanten City-Rings massiv verbreitert und teilweise in den Untergrund verlegt werden. Trotz vehementer Unterstützung durch Sigfried Giedion, den Promotor des Neuen Bauens, wurde das mit umfangreichen Abbrüchen und Strassenbauten verbundene auf 86 Millionen Franken veranschlagte Projekt 1970 aufgegebenen.

Kunsthaus - Erweiterungsbau
Jörn Utzon, Modell des Projekts für den Schauspielhausneubau, 1964.

Den Kunsthauserweiterungsbau hat Chipperfield städtebaulich und gestalterisch sorgfältig in die Umgebung integriert: Die von der Alten Kantonsschule durch den Erweiterungsbau zum Altbau des Kunsthauses verlaufende Achse ist in dessen gegen den Heimplatz und den Kunstgarten offener Eingangshalle erlebbar.

Kunsthaus Zürich
Blick vom 1. Obergeschoss des Erweiterungsbaus über den Heimplatz auf den Altbau des Kunsthauses.

Die lichthofartige Halle mit Treppen und Galerien nimmt das Motiv des Lichthofs und der Halle der beiden anderen Bauten auf und variiert sie. Die vom Kunstgarten hinabführende Treppe in der Eingangshalle spielt mit dem Motiv der grossen Freitreppe vor der Alten Kantonschule.

Kunsthaus Zürich
Eingangshalle mit der inneren Treppe zum Kunstgarten.

Der Heimplatz wird zum allseitig umbauten, durch die breiten einmündenden Strassen doch offenen, rechteckigen Platzraum, dessen Randbauten materiell und formal aufeinander Bezug nehmen. Die klassisch-kubische Form des Neubaus und dessen Fassadenstruktur mit Rippenraster, horizontal durchlaufenden, die Geschosse trennenden Simsen und Attika nehmen Bezug auf den klassizistischen Kubus mit Lisenen- und Fensterraster der Alten Kantonsschule, auf die kubisch-kristalline Form von Karl Mosers Sammlungsbau und die toskanische Säulenarchitektur seines Ausstellungstrakts sowie auf den aus gerippten Betonplatten und Bandfenstern gefügten, schwebenden klassisch-modernen Container des „Bührle-Baus“. Die Fassaden aller Bauten am Platz sind mit feinkörnigen Naturstein- oder Betonplatten verkleidet. Trotz seines gewaltigen Volumens wirkt der Neubau Dank der grossen Freiflächen im Norden und Süden und der grossen, unregelmässig hinter dem Rippenraster angebrachten Fensterflächen nicht erdrückend. O.C

Kunsthaus Zürich - Neubau
Luftaufnahme des Erweiterungsbaus mit der Alten Kantonsschule im Hintergrund.