Exil

Wohnhäuser, Wolfbachstrasse 31, 29

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 18:39

Das ländliche Wohnhaus (Nr. 31) wurde 1818 von Johannes Holzhalb an Stelle eines älteren Fachwerkbaus errichtet. Die Eckquaderung, das barock anmutende Mansarddach und der Balkon im Giebelfeld verleihen dem Gebäude einen herrschaftlichen Charakter. 1835 eröffnete der Sohn Salomon Holzhalb im 1. Obergeschoss eine Weinschenke und liess 1835/36 neben dem Elternhaus ein eigenes Wohnhaus (Nr. 29) erbauen. Bereits 1836 verkaufte er beide Häuser an den aus der Basler Landschaft zugewanderten Wirt Martin Krattiger, der die Wirtschaft bis 1857 weiterführte.

Wohnhäuser Wolfbachstrasse

Im Vordergrund das Wohn- und Gasthaus an der Wolfbachstrasse 31 („Café Wolfbach“), im Hintergrund das Wohnhaus mit Büchners letzter Wohnung. Lithographie, um 1890.

Krattiger erweiterte das kleine zweigeschossige Wohnhaus mit Rundbogenfenstern im Obergeschoss 1843 um einen strassenseitigen Anbau. 1864 und 1877 wurde das Gebäude nochmals vergrössert durch ein bergseitiges Hinterhaus sowie die Zusammenfassung beider um ein Halbgeschoss aufgestockten Häuser unter einem gemeinsamen Walmdach. In diesem Haus mietete der seit Oktober 1836 in Zürich im Exil lebende Dichter Georg Büchner am 26. Januar 1837 ein „grosses elegantes Zimmer“, in dem er nach kurzem, typhösem Fieber am 19. Februar 1837 in Gegenwart seiner zwei Tage zuvor aus Strassburg angereisten Braut Wilhelmine Jaegle (1810-80) starb. O.C.    

Wolfbachstrasse 29, 31
Im Vordergrund das Wohnhaus mit Büchners letzter Wohnung.

Therese Giehse (1898-1975), Schauspielerin

Submitted by admin on Sun, 06/06/2021 - 02:34

Die deutsche Theaterschauspielerin Therese Giehse gründete 1933 mit Erika und Klaus Mann in München das literarische Cabaret «Die Pfeffermühle». Bereits am 13. März desselben Jahres flüchteten sie vor den Nationalsozialisten nach Zürich, wo die «Pfeffermühle» im Hotel Hirschen ihr Programm fortsetzte. Es folgten Tourneen in der Schweiz und in Europa sowie 1937 in New York. Giehses antifaschistische Haltung kam auch beim «Cabaret Cornichon» und am Schauspielhaus Zürich zum Tragen.

Therese Giehse

Signierte Autogrammkarte von Therese Giehse (Foto: Hertha Ramme, Zürich)

Dem Ensemble des Schauspielhauses gehörte sie 1937-49 fest an und spielte dort unter anderem die Titelrolle in Bertolt Brechts «Mutter Courage und ihre Kinder» (Uraufführung 1941), die Mi Tzü in «Der gute Mensch von Sezuan» (1943) und die Schmuggler-Emma in «Herr Puntila und sein Knecht Matti» (1948). Damit schuf sie sich den Ruf als Brecht-Interpretin par excellence und trug zum internationalen Ansehen des Schauspielhauses als Bühne der deutschen Emigration und des Widerstands bei. In dieser Zeit wohnte Therese Giehse in Fluntern – genauer in der Pension von Fräulein Wachs in der Plattenstrasse 33. Heute befindet sich dort die Steinerschule. 

1949-52 schloss sie sich Brechts Berliner Ensemble an und gastierte an den Münchner Kammerspielen, wo sie dann 1952-73 fest engagiert war. Sie kehrte jedoch wiederholt ans Zürcher Schauspielhaus zurück und feierte in Uraufführungen von Friedrich Dürrenmatts Komödien grosse Erfolge, so als Claire Zachanassian in «Besuch der alten Dame» (1956) und als Mathilde von Zahnd in «Die Physiker» (1961). 

Darüber hinaus wirkte sie in verschiedenen Filmen mit (u.a. 1945 in der Schweizer Produktion «Die letzte Chance», Regie Leopold Lindtberg). 

Ihre überragende Bühnenpräsenz machte Giehse zu einer der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Zeit. Auf ihren eigenen Wunsch wurde sie auf dem Friedhof Fluntern in Zürich begraben. R.K.

Video file
Therese Giehse als Mutter Courage im Schauspielhaus Zürich, Auschnitt aus "Therese Giehse - Ein Leben in Bühnenbildern" (Film von Gabriele Dinsenbacher, Bayerischer Rundfunk 1998)