Georg Herwegh (1817-75), Dichter, Revolutionär und Sozialist

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In Stuttgart als Sohn eines Gastwirts geboren, studierte Georg Herwegh Rechtswissenschaften und Theologie in Tübingen, wo er sich auch in der radikal-liberalen Burschenschaftsbewegung engagierte. Seit 1836 als freier Schriftsteller tätig, entzog er sich 1839 der Zwangsrekrutierung zur württembergischen Armee durch Flucht nach Zürich, wo er im Kreis deutscher Emigranten um August Follen gut aufgenommen wurde. Hier erschienen auch die zwei Bände der „Gedichte eines Lebendigen“ (1841/43), die ihn über Nacht berühmt machten. In diesen Jahren schrieb er für Julius Froebels Wochenzeitung „Schweizer Republikaner“ sowie für die von Karl Marx herausgegebene „Rheinische Zeitung“. Auf Reisen lernte er Heinrich Heine, Ludwig Feuerbach und Michail Bakunin kennen. Nach der Heirat mit Emma Siegmund (1817-1904), der Tochter eines Berliner Bankiers, übersiedelte das Paar 1843 nach Paris.

Georg Herwegh

Georg Herwegh 1843 in Zürich, Ölgemälde von Conrad Hitz.

1848 beteiligten sich die beiden am liberal-republikanischen Aufstand im Grossherzogtum Baden. Nach dessen Scheitern flohen sie über die Schweiz zurück nach Paris. Vier Jahre später liessen sie sich wieder in Zürich nieder. Trotz zunehmend prekärer Finanzlage pflegten die Herweghs einen grossbürgerlichen Lebensstil und empfingen in ihrer Wohnung, 1862-66 im „Schanzenberg“, neben Vertretern der deutschen und italienischen Emigration, wie z.B. Richard Wagner, Gottfried Semper und Franz Liszt, Francesco de Sanctis (1817-83) und Felice Orsini (1819-58), auch Gottfried Keller. Nach der Begegnung mit Ferdinand Lassalle 1861, während dessen Besuch in Zürich, wandte sich Herwegh dessen genossenschaftlichem Sozialismus zu. 1863 wurde er zum Schweizer Bevollmächtigen des von Lasalle mitgegründeten „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“, dessen sofort verbotenes „Bundeslied“ er als Hymne auf das revolutionäre Proletariat verfasste.

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Bundeslied des "Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins"

1866 kehrte er nach Deutschland zurück, wurde noch im gleichen Jahr Ehrenkorrespondent der Ersten Internationale und schloss sich 1869 der von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründeten marxistisch-revolutionären Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an, für deren Blatt Der Volksstaat er fortan schrieb. 1875 starb er bei Baden-Baden und wurde auf eigenen Wunsch in republikanischer Erde in Liestal bestattet. O.C.