Als Sohn eines Chemielaboranten in Zürich geboren, unterrichtete Heinrich Gretler nach der Ausbildung am Lehrerseminar Küsnacht 1916-18 als Landschul- und Privatlehrer. Gleichzeitig nahm er Schauspiel- und Gesangsunterricht. Erste Rollen als professioneller Schauspieler erhielt er 1918 am Stadttheater Zürich (heute Opernhaus), 1919 am Schauspielhaus und 1924 als Landenberg im Tell-Film „Die Entstehung der Eidgenossenschaft“. 1926 ging er nach Berlin, wo er sich schon bald einen Namen machte. Von 1928-30 an der Volksbühne, danach am Theater am Schiffbauerdamm, brach er im Frühjahr 1933 mit Bertolt Brechts Stück „Das kleine Mahagonny“ zu einer Tournee nach Paris und London auf. Abgestossen von der nationalsozialistischen Machtergreifung, kehrte er im gleichen Jahr nach Zürich zurück, wo er bis 1940 im Ensemble des politischen „Cabaret Cornichon“ und bis 1945 auf der Bühne des Schauspielhauses in zahlreichen Hauptrollen spielte. Dazwischen gastierte er als freier Schauspieler an zahlreichen Schweizer Bühnen.
Durch seine Auftritte im „Cabaret Cornichon“ wurde Gretler zur Personifikation des bodenständigen, knorrigen, witzig-gutmütigen und freiheitsliebenden Schweizers. Mit der Rolle als Heinrich Leu in der Verfilmung des Romans „Füsilier Wipf“ von Robert Faesi (1883-1972) und als Götz von Berlichingen in Goethes gleichnamigem Drama 1938 erhielt sein Wirken auch eine politische Dimension im Rahmen der „Geistigen Landesverteidigung“.
Bei der Aufführung des Götz von Berlichingen auf der „Pfauen“-Bühne riss er das Publikum mit seiner Darstellung des Freiheitshelden mit. Gänzlich zum vaterländischen Erlebnis wurde seine Interpretation des Wilhelm Tell seit 1939. Der Tagesanzeiger vom 28.1.1939 schrieb zur Premiere am Schauspielhaus: „Deshalb wollen wir auch sagen, dass diese Tellaufführung für uns eine Tat echter Landesverteidigung war, ein Ruf der Selbstbesinnung, ein Mahnruf der ewigen Stimme der Freiheit der Eidgenossenschaft.“ Bis 1946 sahen ungefähr 500'000 Zuschauer Gretler als Tell. Nach Kriegsende wandte er sich vermehrt dem Film zu und trat nur noch selten auf der Bühne auf. Einem breiten Publikum prägte er sich als Wachtmeister Studer in zwei Romanverfilmungen nach Friedrich Glauser, als Darsteller in zahlreichen deutschen Heimatfilmen der 1950er Jahre und als Alpöhi in den Verfilmungen von Johanna Spyris Heidi (1952/55) ein.
Seit 1963 wieder in der Schweiz, arbeitete er vorwiegend als Fernsehschauspieler. Insgesamt wirkte er in über 120 Filmen mit. O.C.