Dichter, Naturwissenschaftler, Mediziner und Revolutionär – das Multitalent Georg Büchner verbrachte die letzten vier Monate seines Lebens in Zürich.
Ende Oktober 1836 schreibt die Mutter, Caroline Büchner, in einem Brief an ihren Sohn:
Über seinen neuen Aufenthaltsort schreibt Büchner in seiner Antwort an die Eltern:
«Was das politische Treiben anlangt, so könnt Ihr ganz ruhig sein. Laßt euch nur nicht durch die Ammenmährchen in unseren Zeitungen stören. Die Schweiz ist eine Republik, und weil die Leute sich gewöhnlich nicht anders zu helfen wissen, als daß sie sagen, jede Republik sei unmöglich, so erzählen sie den guten Deutschen jeden Tag von Anarchie, Mord und Todtschlag. Ihr werdet überrascht sein, wenn ihr mich besucht; schon unterwegs überall freundliche Dörfer mit schönen Häusern, und dann, je mehr Ihr Euch Zürich nähert und gar am See hin, ein durchgreifender Wohlstand; Dörfer und Städtchen haben ein Aussehen, wovon man bei uns keinen Begriff hat. Die Straßen laufen hier nicht voll Soldaten, Accessisten und faulen Staatsdienern, man riskirt nicht von einer adligen Kutsche überfahren zu werden; dafür überall ein gesundes, kräftiges Volk, und um wenig Geld eine einfache, gute, rein republikanische Regierung, die sich durch eine Vermögenssteuer erhält […].»
Im November 1836 wird Büchner ins Verzeichnis der politischen Flüchtlinge aufgenommen – seine provisorische Aufenthaltsbewilligung gilt aber nur bis Mai 1837. Büchner hält seine Probevorlesung über Schädelnerven und wird in der Folge Privatdozent der Zürcher Hochschule.
Am 18. Dezember 1836 schreibt der Vater Ernst Büchner an seinen Sohn:
Bis im Januar 1837 vollendet Büchner das Lustspiel «Leonce und Lena» und arbeitet an «Woyzeck».
Am 23. Januar entdeckt Büchner eine Anzeige im «Zürcherischen Wochenblatt»:
«Man wünscht einen oder zwei Herren oder Frauenzimmern ein frohmütiges geheiztes Zimmer sammt Kost, à 3 fl. 20 pr. Woche zu übergeben, ganz nahe an der Stadt in Hottingen No. 158.»
Diese Adresse liegt an der heutigen Wolfbachstrasse 29. Büchner mietet das Zimmer und schreibt an seine Verlobte Wilhelmine «Minna» Jaeglé:
«Das Haus steht nicht weit vom See, vor meinen Fenstern die Wasserfläche und von allen Seiten die Alpen, wie sonnenglänzendes Gewölk.»
Ausserdem bringt Büchner seine Sehnsucht nach der Verlobten zum Ausdruck, wenn er schreibt:
«Du kommst bald? mit dem Jugendmuth ist’s fort, ich bekomme sonst graue Haare, ich muß mich bald wieder an Deiner inneren Glückseligkeit stärken und Deiner göttlichen Unbefangenheit und Deinem lieben Leichtsinn und all Deinen bösen Eigenschaften, böses Mädchen. Adio piccol[a] mia!»
Am 27. Januar schreibt er an seine Verlobte Minna Jaeglé:
Georg Büchner wird auf dem nahe der Spiegelgasse gelegenen Friedhof «Krautgarten» beim Bürle-Bau des heutigen Kunsthauses (Link) bestattet. Später wird Büchners Leichnam in die Germaniastrasse umgebettet. Dort am Rigiblick liegt der Freiheitsheld bis heute, bewacht von einer Linde, die anlässlich seines 200. Geburtstags kürzlich gepflanzt wurde. An der Spiegelgasse 12 erinnert heute eine Gedanktafel an den ersten Wohnort Georg Büchners in Zürich. R.K.