Ricarda Huch (1864-1947), Historikerin und Schriftstellerin

Submitted by ottavio.clavuot on Fri, 01/28/2022 - 05:15

In Braunschweig als Kaufmannstochter geboren, kam Ricarda Huch 1887 wie andere junge Frauen nach Zürich, um hier ein ihnen in der Heimat verwehrtes Studium aufzunehmen.

Ricarda Huch
Ricarda Huch. Foto um 1914.

Mit zwei ihrer Schicksalsgenossinnen verband sie eine lebenslange Freundschaft: Marie Baum (1874-1964) aus Danzig, die am Polytechnikum (heute ETH) Chemie studierte und die Deutsche Demokratische Partei 1919 in der Nationalversammlung in Weimar, danach im Reichstag vertreten sollte, sowie Marianne Plehn (1863-1946) aus Lubochin bei Schwetz (heute Swiecie) an der Weichsel, die in Zoologie abschloss und 1914 die erste deutsche Professorin in Bayern werden sollte. 1895-96 wohnten die drei als Untermieterinnen im „Schanzenberg“

Maria Baum
Marie Baum.
Marianne Plehn
Marianne Plehn. Foto 1914.

Nachdem Ricarda Huch 1891 an der Universität in Geschichte und Germanistik mit dem Doktorat abgeschlossen hatte, unterrichtete sie 1893-96 an der Zürcher Töchterschule. Daneben begann sie eine intensive schriftstellerische Tätigkeit als Autorin historischer Darstellungen und Romane zu entfalten und wirkte im Lesezirkel Hottingen mit, bei dem sie auch in späteren Jahren wiederholt Gast war. 1896-1912 durchlebte sie eine bewegte Zeit: zwei Ehen, Familiengründung, längere Aufenthalte in Wien, Triest, München und Braunschweig. Nach der Scheidung von ihrem zweiten Mann lebte sie 1912-27 weitgehend in München. Hier entstanden viele ihrer wichtigen Bücher, so z.B. eine Biografie Michail Bakunins. 1927 übersiedelte sie nach Berlin. Seit 1926 Mitglied der Preussischen Akademie der Künste, verweigerte sie im Frühling 1933 die geforderte Loyalitätserklärung gegenüber der nationalsozialistischen Regierung und trat aus Protest gegen den Ausschluss Alfred Döblins aus der Akademie aus. Obwohl sie dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstand und in Jena, wo sie seit 1935 bis zu ihrem Tod lebte, zahlreiche Kontakte zu Kritikern des Regimes unterhielt, genoss sie die Protektion führender Nationalsozialisten. Ihr letztes Projekt, die Erinnerung an den Widerstand gegen Hitler in Biografien wachzuhalten, konnte sie nur noch für die Weisse Rose und die Geschwister Scholl verwirklichen. O.C.