In Deutz bei Köln in ärmlichen Verhältnissen geboren und früh Vollwaise, erlernte August Bebel 1854-57 in Wetzlar das Drechslerhandwerk. Zu Beginn der Walz trat er 1858 dem „Katholischen Gesellenverein“ bei. 1860 liess er sich in Leipzig nieder, wo er sich im 1861 gegründeten „Gewerblichen Bildungsverein“ und in der liberal-demokratischen Arbeiterbewegung engagierte.
Die Begegnung mit Wilhelm Liebknecht (1826-1900), der in London von Karl Marx und Friedrich Engels beeindruck worden war, brachte 1865 Bebels Hinwendung zum politischen Sozialismus. Zusammen mit Liebknecht gründete er 1869 die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die sich 1875 mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP, seit 1890 SPD) vereinigte. Als Redner, Autor und Mitglied des Deutschen Reichstags entwickelte sich Bebel während der Geltung des Bismarckschen Sozialistengesetzes 1878-90 zum Führer der deutschen Sozialdemokratie – eine Stellung, die 1892 durch seine Wahl zu einem der beiden Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Anerkennung finden sollte.
Während des Verbots der ausserparlamentarischen politischen Arbeit nutzten die deutsche Sozialdemokratie und ihre Exponenten Zürich als rückwärtigen Stützpunkt. Bebel und Liebknecht schlugen vor, das Parteiblatt im Verlag des Schweizerischen Arbeiterbundes der „Schweizerischen Vereinsbuchdruckerei & Volksbuchhandlung“ herauszugeben. So erschien „Der Sozialdemokrat“ unter der Redaktion Eduard Bernsteins (1850-1932) seit 1879 in Hottingen – 1882-88 an der Kasinostrasse 3. Hier wurde auch Bebels in Deutschland verbotenes Buch „Die Frau und der Sozialismus“ 1879 gedruckt.
Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes hielt sich Bebel immer wieder in Zürich auf, wohin seine Tochter Frieda 1891 geheiratet hatte. Der seit 1864 auch als Unternehmer erfolgreiche Bebel liess 1897 als Zürcher Absteige die „Villa Julie“ (Seestrasse 176) in Küsnacht bauen. Ab 1912 war er häufiger Gast bei seiner verwitweten Tochter und seinem Enkel im „Schanzenberg“ an der Rämistrasse. Nach seinem Tod während eines Kuraufenthalts der drei in Passugg am 13. August 1913, nahm vier Tage später der bis dahin grösste Trauerzug in Zürich beim „Schanzenberg“, wo sich etwa 15‘000 Menschen versammelten hatten, seinen Anfang. Nach einem Zwischenhalt beim Volkshaus, wo gegen 50‘000 Personen am aufgebahrten Bebel vorbei defilierten, wurde der Sarg in feierlichem Umzug zum Friedhof Sihlfeld gebracht. O.C.